Brustkrebs beim Mann: bessere Behandlung gesucht!

Brustkrebs beim Mann hat Seltenheitswert. Deshalb gibt es keine auf Männer zugeschnittenen Behandlungen. Doch ihre Teilnahme an Studien könnte dies ändern.

Männer mit Brustkrebs sind weltweit rare Exemplare. In Deutschland erkranken jedes Jahr nur rund 600 Männer an der typischen Frauenkrankheit. Zum Vergleich: Mehr als 71.000 Frauen trifft die Diagnose Brustkrebs hierzulande jährlich neu. Der bösartige Tumor in der Brust ist nach wie vor die häufigste Krebsform bei Frauen überhaupt. Weil Brustkrebs bei Männer so selten ist, gibt es auch keine maßgeschneiderte Krebsbehandlung für das starke Geschlecht. Meist erhalten sie die gleichen Krebstherapien wie Frauen: Operation, Chemotherapie, Bestrahlung, Antihormontherapie und Antikörpertherapie. Ob diese bei Männern tatsächlich genauso gut wirken, ist derzeit nicht genau bekannt. Um jedoch die bestmögliche Behandlung für Männer herauszufinden, sollten sich in Zukunft auch Männer stärker an klinischen Studien beteiligen. Denn Brustkrebs bei Männern ist anders. Dies fordert Prof. Robert Mansel, der Vorsitzende der 11th European Breast Cancer Conference (EBCC-11) in Barcelona, Spanien.

Wie gut sind Therapien für Frauen auf Männer mit Brustkrebs übertragbar?

Ein Beispiel dafür ist, dass Krebsärzte Frauen mit Brustkrebs heute oft vor der Krebsoperation mit zielgerichteten Medikamenten behandeln, um den Tumor in der Brust zu schrumpfen. Dann können Ärzte meist noch brusterhaltend operieren und somit die Amputation der Brust (Mastektomie) verhindern. „Dies Erkenntnisse lassen sich womöglich auch auf Männer übertragen“, sagt Mansel. „Aber wir wissen es schlichtweg nicht, weil Männer so gut wie nie an klinischen Studien teilnehmen.“

Also seien Untersuchungen nötig, die auch Männer mit einschließen. „Nur dann können wir herausfinden, ob sie genauso auf zielgerichtete Krebstherapien reagieren wie Frauen.“ Möglicherweise sei dies gar nicht der Fall, weil bei Männern andere Hormone als bei Frauen am Brustkrebs beteiligt seien. Aber solange dies nicht in Studien untersucht werde, tappten Ärzte bei der Frage nach der wirksamsten Brustkrebsbehandlung für Männer weiterhin im Dunkeln.

Video zu Brustkrebs beim Mann

Brustkrebs beim Mann: Auch die Optik zählt nach der Brust-OP!

Derzeit operieren Onkologen den Brustkrebs bei Männern meist sehr radikal und entfernen die gesamte Brustdrüse. Ihr Ziel ist es, den Brustkrebs möglichst vollständig zu beseitigen. „Dabei ist das kosmetische Ergebnis nach einer Brustoperation auch für Männer wichtig“, betont Mansel.

Warum also sollten Chirurgen die gesamte Brustwarze inklusive des Warzenvorhofs entfernen, wenn dies nicht zwingend nötig ist? Die Optik der Brust beeinflusse nämlich das männliche Selbstbewusstsein genauso wie das der Frauen. Auch sie wollten schwimmen gehen oder am Strand herumspazieren, ohne sich für ihr Erscheinungsbild schämen zu müssen. Im Gegensatz zu den Frauen lassen sich der Brustverlust und die Narben bei Männern jedoch weniger gut kaschieren. Männer tragen lediglich Badehosen und sind „oben ohne“ – die Brust ist dann frei sichtbar. „Männer könnten demnach ebenso von schonenderen Operationsmethoden profitieren, bei denen die Brust möglichst erhalten bleibt“, sagt Mansel.

Männer mit Brustkrebs sind seltene Exemplare

Brustkrebs beim Mann ist vergleichsweise selten. Nach wie vor steht bei Männern der Prostatakrebs auf Platz eins der häufigsten Krebsarten, gefolgt von Darmkrebs und Lungenkrebs. So erkrankten nach Angaben des Robert Koch Instituts (RKI) im Jahr 2016 nur 682 Männer neu an Brustkrebs. Ein Brustkrebs bei Männern kommt ungefähr 100-mal seltener vor als bei Frauen. Einer von 1.000 Männern muss zu Lebzeiten damit rechnen, an Brustkrebs zu erkranken. Auch in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien leben nur sehr wenige Männer mit dieser Krebsform.

Diese geringe Anzahl an männlichen Betroffenen ist unter anderem der Grund, warum es so schwierig ist, genügend Männer für die Teilnahme an Studien zu finden. Umso wichtiger ist es, dass Männer mit Brustkrebs bereit sind, an solchen Studien teilzunehmen. Nach Angaben des Netzwerks Brustkrebs beim Mann e.V. laufen derzeit in Deutschland drei Studien.

Die wichtigsten Risikofaktoren für Brustkrebs beim Mann

Warum Männer überhaupt an Brustkrebs erkranken, der als typisch weiblich gilt, ist noch nicht genau bekannt. Oft können Ärzte nicht klären, welche Faktoren den Brustkrebs bei Männern ausgelöst haben. Ein wichtiger allgemeiner Risikofaktor für Brustkrebs sowie andere Krebsarten ist das Alter: Im Schnitt sind Männer etwa 70 Jahre alt, wenn sie an Brustkrebs erkranken. Prinzipiell kann der bösartige Tumor in der Brust sie aber in jedem Lebensalter treffen. Daneben erhöhen Übergewicht, Bewegungsmangel und ein zu hoher Alkoholkonsum das Brustkrebsrisiko. Mediziner nehmen an, dass diese Lebensstilfaktoren den Hormonspiegel durcheinander bringen.

Die größte Rolle für den Brustkrebs beim Mann spielen wahrscheinlich sogenannte Brustkrebsgene. Bekannt sind einige ererbte oder spontan aufgetretene Genveränderungen. Diese Mutationen lassen nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern das Brustkrebsrisiko klettern. Am bekanntesten sind Veränderungen in den sogenannten Breast Cancer Genen, abgekürzt BRCA. Davon sind zwei Varianten gut erforscht: BRCA-1 und BRCA-2. Dank der US-Schauspielerin Angelina Jolie wurden diese Brustkrebsgene weltweit bekannt. Es gibt aber noch weitere Erbfaktoren, die für das Brustkrebsrisiko bedeutsam sind. Und diese erforschen Wissenschaftler derzeit noch genauer. Daneben haben Männer mit dem Klinefelter-Syndrom ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Sie besitzen ein zusätzliches X-Chromosom in allen oder einem Teil der Körperzellen.

Quellen:

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de