Mammografie: Hälfte der Frauen erhält falsch-positives Ergebnis

Die Mammografie kann Brustkrebs rechtzeitig aufzuspüren. Doch falsch-positive Ergebnisse sind offenbar keine Seltenheit, wie eine neue US-Studie zeigte. Der vermeintliche Brustkrebs stellt sich nach vielen weiteren Untersuchungen oft doch als gutartig heraus.  

Das Mammografie-Screening ist auch in Deutschland seit vielen Jahren etabliert. Alle zwei Jahre können Frauen zwischen 50 und 69 Jahren das Angebot einer Mammografie wahrnehmen. Die Röntgenuntersuchung der Brüste soll Brustkrebs möglichst schon im Frühstadium aufdecken. Dann ist der bösartige Tumor in der Brust besser behandelbar und in vielen Fällen lässt er sich auch heilen.

Forschende der University of California – Davis Health (UC Davis) fanden jetzt in einer Studie heraus, dass die Mammografie auf längere Zeit gesehen gar nicht selten so falschen Alarm schlägt: Etwa 50 Prozent aller Frauen, die sich jährlich über einen Zeitraum von zehn Jahren einer 3-D-Mammografie – der Tomosynthese – unterzogen, erhielt mindestens einmal eine falsch-positive Diagnose. Ärztinnen und Ärzte vermuteten in diesem Fall einen bösartigen Tumor in der Brust, der sich später jedoch als harmlos herausstellte. In Wirklichkeit lag gar kein Brustkrebs vor.

Geringer fiel dieses Risiko für einen falsch-positiven Befund bei älteren Frauen mit weniger dichtem Brustgewebe aus. In jedem Fall sind solche falsch-positiven Ergebnisse psychisch ziemlich belastend. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Fachmagazin JAMA open Network.  

Hunde können Krebs offenbar sehr genau erschnuppern (c) 85miranda/Fotolia.com

Hunde sind die Lieblinge der Bundesbürger und besitzen fantastische Spürnasen. Sie können sogar Krebs riechen – und zwar sehr genau, lässt eine US-Studie vermuten.

Drei Millionen Mammografie-Bilder unter der Lupe

Die Forschenden analysierten insgesamt drei Millionen Mammografie-Aufnahme von 903.495 Frauen zwischen 40 und 79 Jahren. Alle Mammografien waren von 2005 bis 2018 in 126 radiologischen Facharztpraxen durchgeführt worden. Die Studie beleuchtete Faktoren wie die Screening-Technologie, Zeitabstände der Mammografie, das Alter sowie die Brustdichte der Frauen.

Zunächst verglichen sie zwei verschiedenen Technologien – die 3-D- und 2-D-Mammografie. Die 3-D-Mammografie – auch Tomosynthese – nimmt die Brust „scheibchenweise“ auf und liefert dreidimensionale Bilder. Vor allem bei dichtem Brustgewebe soll sie aussagekräftiger sein und auch „versteckte“ Tumoren gut aufspüren können. Besonders bei jüngeren Frauen ist das Brustgewebe oft dicht. Bei älteren Frauen wird das dichte Drüsengewebe allmählich durch Fettgewebe ersetzt – dann sind auch bösartige Tumore besser erkennbar. Die 2-D-Mammografie ist aber nach wie vor in den meisten radiologischen Arztpraxen Standard. Doch bei diesen zweidimensionalen Aufnahmen könnte sich eine bösartige Veränderung theoretisch hinter dichtem Brustgewebe verstecken, vermuten radiologische Fachleute.

Dann errechneten die Forschenden das Risiko eine Frau, mindestens einmal in einem Zeitraum von zehn Jahren ein falsch-positives Ergebnis zu erhalten, wenn sie jedes Jahr oder alle zwei Jahre zum Screening gingen. Und sie berechneten die Wahrscheinlichkeit, aufgrund des Brustkrebsverdachts binnen sechs Monaten eine Empfehlung zu weiteren bildgebenden Verfahren oder zur Gewebeentnahme (Biopsie) zu erhalten.

Falsch-positive Befunde sind keine Seltenheit

Bei einem auffälligen Ergebnis in der Mammografie folgen in der Regel weitere Untersuchungen, um herauszufinden, ob der Knoten gut- oder bösartig ist. Das sind meist bildgebende Verfahren wie Ultraschall und Magnetresonanztomografie (Mamma-MRT), aber auch die  Biopsie. Dabei entnehmen Ärztinnen und Ärzte mit Hilfe dünner Nadeln eine Gewebeprobe aus der verdächtigen Stelle in der Brust. Diese analysieren Pathologinnen und Pathologen anschließend im Labor. Gutartige Zellen lassen sich unter dem Mikroskop mit hoher Sicherheit von Krebszellen unterscheiden. Stellen sich die Zellen nachher als gutartig heraus, sprechen Fachleute von Überdiagnostik, weil Frauen sich unnötig weiteren Untersuchungen unterziehen mussten.

„Die Vorteile des Mammografie-Screenings sind unbestritten, weil es die Sterblichkeit durch Brustkrebs senken kann. Allerdings kann die Reihenuntersuchung auch zu unnötigen bildgebenden Verfahren und Biopsien führen. Diese bedeuten hohe wirtschaftliche Kosten, aber auch große Ängste für die betroffenen Frauen“, sagt Diana Miglioretti, Professorin für Biostatistik an der UC Davis und Senior-Autorin der Studie.

3-D- oder 2-D-Mammografie – was ist genauer?

Bei der eingesetzten Technologie – also zwischen 3-D oder 2-D – gab es keine großen Unterschiede. Die Wahrscheinlichkeit für mindestens eine falsch-positive erneute Einladung war bei einer 3-D-Mammografie nur ein wenig geringer als bei einer 2-D-Mammografie.

Die gewählte Technologie beim Mammografie-Screening hatte keinen großen Effekt auf die Anzahl der falsch-positiven Befunde

Michael Bissell, Co-Autor der Studie und Epidemiologe an der UC Davis

Die Forscher schätzten anhand ihrer Daten, dass binnen zehn Jahren jährlicher 3-D-Mammografien:

  • 50 Prozent der Frauen zumindest einmal fälschlicherweise erneut zu Untersuchungen eingeladen werden (2-D-Mammografie: 56 Prozent)
  • 17 Prozent eine falsch-positive Empfehlung erhalten, sich innerhalb kurzer Zeit nochmals untersuchen zu lassen (2-D-Mammografie: 18 Prozent)
  • 11 Prozent die falsch-positive Empfehlung zu einer Biopsie bekommen (2-D-Mammografie: 12 Prozent)

Unabhängig von der Art der eingesetzten Mammografie-Technologie: Das Risiko für falsch-positive Ergebnisse war für ältere Frauen deutlich kleiner als für jüngere. Und für Frauen mit „lockerem“ Brustgewebe lag es niedriger als für Frauen dichtem Drüsengewebe.

Insgesamt galt: Von der 3-D-Variante profitierten am meisten Frauen mit geringer Brustdichte, die sich jedes Jahr neu untersuchen ließen.

Mammografie – besser nur alle zwei Jahre

Die Studie analysierte außerdem, wie hoch das Risiko für falsch-positive Befunde innerhalb von zehn Jahren war, wenn die Frauen jährlich beziehungsweise alle zwei Jahre zur Mammografie gingen. Dabei schnitt das Zwei-Jahres-Intervall deutlich besser ab als die jährliche Röntgenuntersuchung. Das galt sowohl für die 3-D- als auch die 2-D-Mammografie.

In Zahlen heißt das für die 3-D-Mammografie

  • 17 Prozent hatten mindestens einmal einen falsch-positiven Befund, wenn sie jedes Jahr am Brustkrebs-Screening teilnahmen. Beim Intervall alle zwei Jahre waren es 10 Prozent.
  • Die falsch-positive Empfehlung zur Biopsie erhielten 11 Prozent der Frauen, die sich jährlich untersuchen ließen, und nur 7 Prozent mit dem Intervall alle zwei Jahre.

„Wir waren sehr überrascht, dass die neuere 3-D-Technologie beim Brustkrebs-Screening das Risiko für ein falsch-positives Ergebnis innerhalb von zehn Jahren nicht deutlicher reduzierte“, erklärt Thao-Quyen Ho, Radiologin an der UC Davis School of Medicine. „Jedenfalls ist diese Gefahr beim zweijährlichen Intervall deutlich niedriger als bei einer jährlichen Untersuchung.“

Falscher Alarm – meist steckt doch kein Brustkrebs dahinter

Falsch-positive Ergebnisse seien aber insgesamt normal. „Um Brustkrebs frühzeitig zu diagnostizieren, müssen wird sehr sorgfältig vorgehen und jedes potenziell unnormale Ergebnis weiter untersuchen. Daher sollten Frauen nicht beunruhigt sein, wenn sie zu weiteren Abklärung eingeladen werden. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle stellt sich das Ergebnis anschließend als gutartig heraus“, sagt Thao-Quyen Ho.

Michael Bissell fasst die Studienergebnisse so zusammen: „Wir müssen intensiver über die personalisierte Medizin diskutieren. Wichtig ist es, die individuellen Risikofaktoren von Frauen genauer berücksichtigen, wenn wir über die Screening-Intervalle und die eingesetzte Technologie entscheiden.“  

Quellen:
Thao-Quyen H. Ho ; Michael C. S. Bissell, Karla Kerlikowske et al. Cumulative Probability of False-Positive Results After 10 Years of Screening With Digital Breast Tomosynthesis vs Digital Mammography, JAMA Netw Open. 2022;5(3):e222440. doi:10.1001/jamanetworkopen.2022.2440, https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2790521 (Abruf: 29.3.2022)
Mammographie Screening Programm, https://www.mammo-programm.de/ (Abruf: 29.3.2022)
Bundesministerium für Gesundheit, https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/m/mammographie-screening.html (Abruf: 29.3.2022)

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de