Prostatakrebs: Einmaliger PSA-Test rettet kein Männerleben

Der PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs ist umstritten. Eine britische Studie ergab, dass ein einmaliger PSA-Test kein einziges Männerleben rettet.

Um den PSA-Test zur Früherkennung von Prostatakrebs tobt seit Jahren eine heftige Debatte. Der PSA-Wert könne bösartige Tumoren in der Prostata rechtzeitig erkennen, das Überleben der Männer verlängern und die Sterblichkeitsrate senken, sagen die einen. Die Gegenargumente lauten: Der PSA-Test schlage zu oft falschen Alarm, versetze Männer in Angst und Schrecken und lasse Männern mit langsam wachsenden, wenig aggressiven Prostatatumoren Behandlungen angedeihen, die sie gar nicht bräuchten. Ein PSA-Screening schade also mehr als es nutze.

Eine neue Studie britischer Forscher von den Universitäten Bristol und Oxford dürfte diese Debatte jetzt erneut anheizen. Sie fand heraus, dass gesunde Männer ohne Prostatakrebs-Symptome offenbar nicht von einem einmaligen PSA-Test profitieren. Ob mit oder ohne PSA-Screening: Innerhalb von zehn Jahren starben genauso viele Männer an Prostatakrebs. Der PSA-Test rette also kein einziges Männerleben. Außerdem erkenne der Test auf das Prostata-spezifische Antigen Formen von Prostatakrebs, die den Männern niemals in ihrem Leben gefährlich geworden wären. Umgekehrt übersehe der PSA-Test einige aggressive und tödliche Arten von Prostatakrebs. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der aktuellen Ausgabe des renommierten Fachmagazins JAMA.

Mit oder ohne PSA-Test: Gleich viele Männer sterben an Prostatakrebs

An der sogenannten CAP-Studie nahmen fast 600 Arztpraxen in Großbritannien und mehr als 408.800 Männer zwischen 50 und 69 Jahren teil. Den Autoren zufolge ist sie die größte jemals durchgeführte Untersuchung zum PSA-Screening. Die Forscher luden 189.386 Männer zu einem einmaligen PSA-Test ein – nur 67.000 Männer unterzogen sich diesem. Bei PSA-Werten über 3,0 ng/ml schlugen ihnen die Ärzte eine Biopsie vor. 219.439 Männer erhielten dagegen kein Screening. Dann beobachteten sie die männlichen Probanden im Schnitt zehn Jahre lang.

In diesem Zeitraum erkrankten 8.054 (4,3 Prozent) der Männer, die sich dem PSA-Test unterzogen hatten, an einem Prostatakarzinom. In dieser Gruppe wurden mehr Prostatatumoren in früheren Stadien entdeckt. In der Kontrollgruppe ohne Screening erhielten dagegen 7.853 Männer (3,6 Prozent) die Diagnose Prostatakrebs. Auffällig war, dass in beiden Gruppen gleich viele Männer an ihrer Krebserkrankung starben (0,29 Prozent). Dies beweise, dass ein einzelner PSA-Test als Screening-Methode auf Prostatakrebs nicht aussagekräftig sei. Es seien präzisere Werkzeuge notwendig, um behandlungsbedürftige Formen des Prostatakrebses zu diagnostizieren, so die Forscher.

„PSA-Test rettet kein einziges Leben“

Der Hauptautor der Studie, Richard Martin von der University of Bristol, sagt: „Unsere Studie hat mehr Licht in ein viel debattiertes Problem gebracht. Ein einmaliger PSA-Test bei Männern ohne Prostatakrebs-Symptome rettet im Lauf von zehn Jahren kein einziges Leben.“ Die Ergebnisse zeigten die Vielzahl an Problemen, die der PSA-Test aufwerfe. „Er verursacht unnötige Ängste und Behandlungen, wenn ein Prostatakrebs bei Männern festgestellt wird, der ihnen zu Lebzeiten niemals Probleme bereitet hätte. Andererseits übersieht er gefährliche Formen von Prostatakarzinomen“, erklärt Martin.

Und Dr. Emma Turner, die Co-Autorin der Studie, stellt fest: „Für diesen aggressiven Prostatakrebs, den wir frühzeitig behandeln müssen, brauchen wir besser Diagnosemöglichkeiten.“ Richard Roope von der gemeinnützigen Organisation Cancer Research UK bringt es noch drastischer auf den Punkt: „Der PSA-Test ist ein stumpfes Werkzeug, das nicht zu den Feinheiten dieser Krebserkrankung passt und Männern Schaden zufügt. Wenn wir Männerleben retten wollen, brauchen wir bessere Instrumente.“

PSA-Test nicht routinemäßig für gesunde Männer empfohlen

Die Jagd nach den aggressiven Prostatakrebsformen sei aber noch nicht vorbei. So fahnden die Forscher zum Beispiel nach fehlerhaften Genen, welche manche Männer anfälliger für Prostatakrebs machen. Anhand dieser könnten Ärzte dann jene Männer mit einem höheren Risiko für einen bösartigen Tumor der Prostata identifizieren. Die Forscher empfehlen jedenfalls den PSA-Test aufgrund ihrer Daten nicht routinemäßig für Männer, die keine Prostatakrebs-Symptome verspüren. Wer sich allerdings große Sorgen mache, solle sein individuelles Prostatakrebsrisiko mit seinem Arzt besprechen, raten sie.

Eine Einschränkung der Studie ist es, dass ein einmaliges PSA-Screening nur eine begrenzte Aussagekraft für die Langzeiteffekte hat – im Gegensatz zu wiederholten PSA-Tests. Auch ist der Beobachtungszeitraum von zehn Jahren womöglich zu kurz, um die Effekte des Screenings herauszufiltern.

Deshalb wollen die Wissenschaftler die Männer jetzt weitere fünf Jahre beobachten, um herauszufinden, ob sich nicht doch positive Langzeiteffekte und eine Senkung des Sterblichkeitsrisikos finden lassen. Möglich ist es nämlich, dass sich die Auswirkungen eines einmaligen PSA-Screenings erst 15 oder 20 Jahre später zeigen. Unklar ist bislang auch, ob eine regelmäßige Wiederholung des PSA-Tests den Männern vielleicht doch einen Zusatznutzen bringt. In Deutschland bestimmen Ärzte den PSA-Wert in bestimmten Zeitabständen erneut – je nach gemessenen Werten und Alter des Mannes.

Wann ist der PSA-Wert auffällig?

Bei gesunden Männern liegt der PSA-Wert zwischen 0 und höchstens 4 ng/ml (Nanogramm pro Milliliter). Werte zwischen 2 ng/ml und 4 ng/ml gelten unter den meisten Experten als kontrollbedürftig – vor allem bei jüngeren Männern. Die PSA-Bestimmung sollte dann nach einem Jahr oder früher wiederholt werden.

Ein erhöhter PSA-Wert kann ein Hinweis auf Prostatakrebs sein, muss es aber nicht zwangsläufig. Umgekehrt können auch Männer mit einem unauffälligen PSA-Wert Prostatakrebs haben. Es gibt verschiedene Faktoren, die den PSA-Wert erhöhen. Beispiele sind eine Prostataentzündung, Prostatavergrößerung oder Harnwegsentzündung. Aber auch eine Tast- oder Ultraschalluntersuchung der Prostata, Radfahren oder Sex, bei dem Druck auf die Prostata ausgeübt wird, lassen den PSA-Wert klettern.

Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen den PSA-Test in Deutschland derzeit nicht, weil der Nutzen bislang nicht ausreichend wissenschaftlich nachgewiesen ist. In die Bestimmung ihres PSA-Wertes im Blut müssen Männer etwa 20 Euro investieren.

Mehr Informationen zu PSA-Wert und PSA-Test

Quellen:

  • Martin RM et al. Effect of a Low-Intensity PSA-Based Screening Intervention on Prostate Cancer Mortality The CAP Randomized Clinical Trial, JAMA. 2018;319(9):883-895. doi:10.1001/jama.2018.0154
  • Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG), www.gesundheitsinformation.de (Abruf: 7.3.2018)
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz), www.krebsinformationsdienst.de (Abruf: 7.3.2018)
  • Deutsche Gesellschaft für Urologie (DGU), www.urologenportal.de (Abruf: 7.3.2018)

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de