Strahlentherapie bei Brustkrebs: Entwarnung fürs Herz

Die Strahlentherapie bei Brustkrebs schädigt das Herz nicht, wie eine neue Studie ergab. Jahrzehntelang hatten Ärzte angenommen, dass das Herz mitleidet.

Die Strahlentherapie bei Brustkrebs hilft Frauen dabei, den bösartigen Tumor dauerhaft loszuwerden. Sie ist ein wirksamer Schutz vor einem Krebsrückfall. Die energiereichen Strahlen schädigen nämlich das Erbgut der Krebszellen. Im Gegensatz zu gesunden Zellen können diese die Schäden aber nicht mehr reparieren – sie sterben ab. So beseitigt die Radiotherapie eventuell verbliebene Tumorzellen in der Brust und im umliegenden Gewebe.

Bislang konnten Radiologen aber nicht ausschließen, dass durch den Strahlenbeschuss auch das Herz Schaden nimmt. Denn der lebenswichtige Körpermotor liegt in der direkten Nachbarschaft der Brust und bekommt meist ebenfalls einige Strahlung ab. Doch jetzt geben Radiologen Entwarnung: Das Herz leidet offenbar nicht unter der Strahlentherapie. Langfristig seien keine Schäden am Herz zu befürchten. Zu diesem Schluss kam eine neue Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg.

Brustkrebs: Keine erhöhte Sterblichkeit nach Strahlentherapie

Die Forscher um Janick Weberpals vom DKFZ werteten die Daten von 347.476 Frauen mit Brustkrebs aus. Alle hatten zwischen den Jahren 2000 und 2011 die Diagnose Mammakarzinom erhalten und sich entweder einer Chemotherapie oder Bestrahlung unterzogen. Bis 2014 kontrollierten die Forscher das Herz der Frauen auf mögliche Schäden hin. Das Ergebnis war, dass die Sterblichkeit der Frauen aufgrund von Herzschäden nicht höher war als in der Allgemeinbevölkerung. Vielmehr war sie sogar etwas niedriger. Frauen mit HER2-positivem Brustkrebs hatten ebenfalls kein höheres Risiko, an einer Herzkrankheit zu sterben. Unter allen möglichen Todesursachen stand der Brustkrebs noch immer auf Platz eins. So sterben immer noch jährlich rund 17.000 Frauen in Deutschland an ihrem bösartigen Tumor in der Brust.

Für das Herz sei jetzt aber Entwarnung gegeben, betont das DKFZ. Die Strahlentherapie gehe nicht auf Kosten der Herzgesundheit. Die Gründe seien, dass diese Krebsbehandlung heute sehr präzise sei und Herzspezialisten in den Kliniken die Risiken gut im Blick hätten. „Engmaschige Kontrollen im Verlauf und nach der Behandlung ermöglichen es, eventuelle Nebenwirkungen auf das Herz frühzeitig zu erkennen und zu behandeln“, sagt Prof. Michael Baumann vom DKFZ.

Video: So läuft die Bestrahlung ab!

Bessere Strahlentherapie bei Brustkrebs dank neuer Techniken

Das positive Ergebnis bei der Gesundheit weiblicher Herzen ist wohl auch dem technischen Fortschritt zu verdanken. Denn neue strahlentherapeutische Verfahren ermöglichen es heute, den Brustkrebs mit deutlich weniger Nebenwirkungen zu behandeln. Forscher versuchen, die Strahlentherapie so schlagkräftig wie möglich zu machen, aber gleichzeitig die Schäden für Organe und Gewebe möglichst gering zu halten. So reduzieren Radiologen die Strahlendosis an jenen Körperstellen, an denen ein wichtiges Organ liegt. Andere Bereiche bekommen dagegen – wenn nötig – eine größere Menge an Strahlung ab.

Eine andere herzschonende Technik ist das sogenannte Atemgating. Radiologen verabreichen die Bestrahlung, während die Frauen tief einatmen. Diese Methode senkt die Gefahr von Nebenwirkungen. „Die atemabhängige Bestrahlung schont das Herz deutlich, besonders beim Brustkrebs auf der linken Seite“, erklärt Prof. Stephanie E. Combs von der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO).

Auch die angepasste (adaptive) Strahlentherapie sorgt dafür, dass Frauen weniger Nebenwirkungen erleben. Dabei überprüfen die Radiologen im Verlauf der Bestrahlung, ob und wie gut der Tumor auf die Therapie anspricht. Dafür messen Sie die Größe des Tumors in der Brust und passen die Strahlendosis eventuell entsprechend an. Auf diese Weise erhält der Tumor immer die höchstmögliche Dosis, während das umliegende Gewebe weitgehend unversehrt bleibt.

Strahlentherapie bei Brustkrebs bannt das Rückfallrisiko

Die Strahlentherapie ist eine der wichtigsten Maßnahmen in der Behandlung von Brustkrebs. Das gilt für alle Stadien und jede Gefährlichkeit des Tumors. Vor allem Frauen, die brusterhaltend operiert wurden, profitieren von einer Strahlentherapie. Empfohlen ist sie aber auch für Brustkrebspatientinnen, die sich einer Brustamputation (Mastektomie) unterzogen haben, und ein hohes Rückfallrisiko besitzen.

Nach einer Brustkrebsoperation senkt die Bestrahlung das Rückfall- und Sterblichkeitsrisiko sehr wirksam. Mediziner haben ausgerechnet, dass die Radiotherapie etwa sechs bis sieben von zehn möglichen Rückfällen verhindert. Manche Studien kommen sogar noch zu höheren Zahlen. Langfristig erhöht die Strahlentherapie also die Heilungschancen, die für Frauen mit Brustkrebs heute sehr gut stehen: Sie liegen bei rund 88 Prozent in den ersten fünf Jahren.

Quellen:

  • Weberpals J. et al.: „Long-term heart-specific mortality among 347 476 breast cancer patients treated with radiotherapy or chemotherapy: a registry-based cohort study“, European Heart Journal, 9. April 2018, doi: 10.1093/eurheartj/ehy167
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), www.krebsinformationsdienst.de (Abruf: 30.5.2018)
  • Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Dezember 2017 Robert Koch-institut: Bericht zum Krebsgeschehen 2017, https://www.krebsdaten.de

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de