PALB2 – gefährliches Brustkrebsgen entdeckt

Warum bekommen die einen Brustkrebs und die anderen nicht? Auf diese Frage gibt es jetzt vielleicht eine neue Antwort: PALB2, so heißt das neu entdeckte Brustkrebsgen, welches das Risiko für Brustkrebs um das Neunfache erhöhen soll.

Brustkrebs ist eine gefährliche Erkrankung, und die häufigste Krebsart bei Frauen. Eine, von der eine Frau aber nicht weiß, ob es sie je im Leben trifft. Etwa jede achte Frau muss damit rechnen, in ihrem Leben an Brustkrebs zu erkranken, haben Mediziner ausgerechnet. Rund 74.000 bekommen die Diagnose Mammakarzinom jedes Jahr neu. Man schätzt, dass rund fünf bis zehn Prozent aller Brustkrebsfälle auf veränderte Gene zurückzuführen sind. Sie werden von Generation zu Generation weitergegeben. Familiärer Brustkrebs oder Erblicher Brustkrebs heißt diese Form.

Angelina Jolie mit Brustkrebs-Gen

BRCA1 und BRCA2 sind die bekanntesten und am besten untersuchten Brustkrebs-Gene. Und sie haben prominente Trägerinnen: zum Beispiel Angelina Jolie, die sich 2013 aufgrund einer Mutation im BRCA1-Gen vorbeugen beide Brüste entfernen ließ, gefolgt von den Eierstöcken in diesem Jahr. Die Mutation eines dieser Hochrisiko-Gene lässt sich per Gentest feststellen. Und das hat weitreichende Folgen. Das Brustkrebsrisiko liegt bei etwa 80 Prozent, das Risiko für Eierstockkrebs bei bis zu 60 Prozent. Es gibt noch weitere Gene, die im Zusammenhang mit Brustkrebs stehen könnten. Wie groß ihr Einfluss ist, ist aber noch unklar.

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Neues Brustkrebs-Gen PALB2

Jetzt fanden Forscher um Dr. Marc Tischkowitz von der Universität Cambridge eine neue genetische Veränderung, die das Brustkrebsrisiko um etwa das Neunfache erhöhen soll: PALB2. Schon seit 2007 vermuten Forscher, dass das Gen an der Krebsentstehung beteiligt ist. Wahrscheinlich, so berichten die Forscher jetzt im New England Journal of Medicine, handele es sich um das gefährlichste Brustkrebsgen nach den beiden BRCA-Genen.

Das Forscherteam untersuchte 362 Mitglieder von 154 Familien, in denen  PALB2-Mutationen, aber keine BRCA-Veränderungen vorkamen. Demnach haben Frauen, die das Gen tragen, eine 14-prozentige Wahrscheinlichkeit, bis zum 50. Lebensjahr an Brustkrebs zu erkranken. Anders gesagt: Mehr als jede siebte 50-Jährige mit der Genmutation erkrankt an Brustkrebs. Im Alter von 70 Jahren liegt die Rate bei 35 Prozent. Das heißt: Jede dritte Frau, welche die Mutation trägt, erkrankt an Brustkrebs. Auch Männer mit einem veränderten PALB2-Gen haben ein bis zu achtfach erhöhtes Brustkrebsrisiko im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Das gilt übrigens auch für die BRCA-Mutationen.

Das Risiko steigt weiter, wenn Brustkrebs zudem in der Familie verbreitet ist, also mehr als zwei Angehörige erkrankt sind oder waren. „Seit der Entdeckung von BRCA1 und BRCA2 in der Mitte der 90er-Jahre haben wir keine Gene mehr von ähnlicher Wichtigkeit gefunden. PALB2 ist ein potenzieller Kandidat für BRCA3“, sagt Tischkowitz.

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Test auf PALB2 erhältlich

Jetzt könne man eine genetische Beratung und weitere Hilfe für Frauen anbieten, die eine Mutation im PALB-Gen tragen. Dazu zähle etwa eine Magnetresonanztomografie (Mamma-MRT). Forscher vom Cambridge University NHS Hospitals Trust haben außerdem einen klinischen Test auf PALB2 entwickelt, der zukünftig vom  nationalen britischen Gesundheitsservices NHS angeboten. Auch in anderen Ländern der Welt werde der Test erhältlich sein, so die Forscher. Unklar ist bislang, wie verbreitet in der Bevölkerung die Mutationen am PALB2-Gen sind.

„Die Zahlen entsprechen ungefähr den Risiken, die durch mutierte BRCA2-Gene entstehen“, schreiben Michele Evans vom National Institute on Aging in Bethesda, US-Bundesstaat Maryland und ein Kollege in einem Begleitartikel. PALB2 sowie BRCA1 und 2 zählen zu den sogenannten Tumorsupressorgenen. Sie verhindern, dass veränderten Zellen bösartige Tumore entstehen. Sind die Gene defekt, fehlt diese Kontrollfunktion.

Wirksame Medikamente gegen genetischen Brustkrebs?

Es gibt Hinweise darauf, dass Zellen mit der PALB2-Mutation empfindlich auf eine neu Klasse von Medikamenten reagieren, die PARP-Inhibitoren. Sie werden derzeit bei BRCA1/2-Mutationen getestet. „Es ist möglich, dass diese Medikamente auch bei PALB2-bezogenem Brustkrebs wirksam sind“, schreiben die Autoren.

Träger von Hochrisikogenen haben heute mehrere Optionen: Engmaschige Kontrollen, die allerdings den Brustkrebsausbruch nicht verhindern, aber in einem frühen Stadium aufdecken können. Antihormonell wirkende Medikamente wie beispielsweise Tamoxifen. Oder radikale Schnitte wie beidseitige Brustamputation und Eierstockentfernung – es ist eine höchst persönliche Entscheidung.

Quellen:

  • Tischkowitz, M. et al.: „Breast-Cancer Risk in Families with Mutations in PALB2“, New England Journal of Medicine (NEJM), 371:497-506, August 7, 2014DOI: 10.1056/NEJMoa1400382
  • Zentren für familiären Brust-und Eierstockkrebs: BRCA-Netzwerk

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de