Krebs: Immer mehr überleben, aber ….

Eine Krebserkrankung betrachten viele immer noch als Todesurteil. Dabei sind die Überlebenschancen in den letzten Jahren enorm gestiegen – aber nicht in jedem Land der Welt und auch nicht bei jeder Krebsart.

Vor einer Krebserkrankung fürchten sich die Deutschen am meisten. Das gilt, obwohl Herz-Kreislauf-Erkrankungen seit Jahren die Todesstatistik anführen. Dank verbesserter Früherkennung und ausgefeilter Krebsbehandlungen bedeutet Krebs aber heute nicht mehr das sofortige Todesurteil. Vielmehr überleben seit dem Jahr 2000 immer mehr Menschen ihre Krebserkrankung. Und zwar nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Allerdings hängt die Überlebenswahrscheinlichkeit von der Krebsart und vom Land ab, in dem ein Mensch lebt. Besonders große Unterschiede gibt es für einige Krebsarten bei Kindern. Dies ergab eine aktuelle Studie Concord-3, deren Ergebnisse im renommierten Fachmagazin The Lancet veröffentlicht wurde.

Daten von Millionen Krebspatienten weltweit ausgewertet

Das Forscherteam um Claudia Allemani von der London School of Hygiene & Tropical Medicine in Großbritannien analysierte die Daten von 322 Krebsregistern aus 71 Ländern und Regionen. Registriert waren in diesen etwa 37,5 Millionen Krebspatienten, die zwischen den Jahren 2000 and 2014 eine Krebsdiagnose erhalten hatten. Sie waren zwischen 15 und 99 Jahre alt, die Kinder zwischen 0 und 14 Jahren. Die Forscher untersuchten anhand der Patientenakten die Fünf-Jahres-Überlebensraten bei 18 der häufigsten Krebsarten. Sie machen etwa 75 Prozent aller Krebserkrankungen aus.

Eingeschlossen waren Brustkrebs (nur Frauen, keine Männer), Prostatakrebs, Lungenkrebs, Dickdarmkrebs, Mastdarmkrebs, Magenkrebs, Gebärmutterkrebs, Eierstockstockkrebs, Speiseröhrenkrebs, Leberkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs, schwarzer Hautkrebs (malignes Melanom) bei Erwachsenen sowie Gehirntumore, Blutkrebs (Leukämie) und Lymphdrüsenkrebs (Lymphome) bei Kindern und Erwachsenen. Anhand dieser Daten bestimmten die Forscher die Fünf-Jahres-Überlebensraten in den jeweiligen Ländern.

Überlebensraten bei Krebs in Deutschland

Überlebensraten bei Krebs in Deutschland
Mit freundlicher Genehmigung (c) smartpatient gmbh

In diesen Ländern leben Krebspatienten am längsten

Die weltweit höchsten Chancen, ihre Krebsdiagnose fünf Jahre und länger zu überleben, haben Krebspatienten in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Finnland, Island, Norwegen und Schweden – und zwar bei fast allen Krebsarten. Diese Länder schnitten schon in den letzten 15 Jahren am besten ab und bleiben auf hohem Niveau. Dänemark hat den Autoren zufolge am stärksten bei den Überlebensraten aufgeholt. Deutschland befindet sich auf der Liste der untersuchten Länder bei vielen Krebsarten im oberen Drittel. Generell leben die Menschen immer länger mit ihrem Krebs. Das gilt selbst für Krebsarten, die eine schlechtere Prognose besitzen, etwa Bauchspeicheldrüsen- oder Leberkrebs. Die wichtigsten Studienergebnisse im Überblick!

  • In Deutschland sind die Überlebenschancen für Krebspatienten weiter gestiegen. Nur bei einer bestimmten Blutkrebsart – der akuten lymphatischen Leukämie (ALL) sank die Rate der Überlebenden von 94 auf 91,1 Prozent – sie ist aber weiterhin hoch.
  • Leber-, Bauchspeicheldrüsen- und Lungenkrebs bleiben weiterhin gefährlich und besitzen schlechte Prognosen. Allerdings gibt es auch bei diesen einen vorsichtigen Aufwärtstrend bei den Überlebensraten. In Deutschland stieg die Überlebensrate 8 auf 10,7 Prozent bei Bauchspeicheldrüsenkrebs und von 14,9 auf 18,3 Prozent beim Lungenkrebs. Trotzdem bleiben sie die tödlichsten Krebsarten.
  • Bei Brustkrebs beträgt die Fünf-Jahres-Überlebensrate etwa 90 Prozent in den USA und Australien. In Indien überleben dagegen nur gut 66 Prozent der Brustkrebspatientinnen die ersten fünf Jahre. In 16 Ländern Europas liegt die Rate bei 85 Prozent und höher.
  • Patienten mit Krebs des Magen-Darm-Trakts haben die besten Überlebenschancen, wenn sie in Südost-Asien beheimatet sind: So leben in Südkorea noch 68,9 Prozent der Patienten mit Magenkrebs, 71,8 Prozent mit Dickdarmkrebs und 71,1 Prozent mit Mastdarmkrebs. In Japan betragen die Überlebensraten für Speiseröhrenkrebs 36,0 Prozent und in Taiwan für Leberkrebs 27,9 Prozent.
  • In den gleichen Regionen Südost-Asiens liegen die Überlebensraten für andere Krebsformen jedoch deutlich niedriger als in anderen Ländern: Das Überleben bei schwarzem Hautkrebs beträgt nur 59,9 Prozent in Südkorea, 52,1 Prozent in Taiwan und 49,6 Prozent in China; der gleiche Trend lässt sich für Lymphdrüsenkrebs und Leukämien beobachten.
  • Ein sehr große Spanne zwischen den Ländern gibt es bei der Fünf-Jahres-Überlebensrate von Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL): Sie rangiert von 49,8 Prozent in Ecuador bis über 95 Prozent in Finnland.
  • Bei Gehirntumoren ist die Überlebensrate für Kinder insgesamt höher als bei Erwachsenen, aber die weltweiten Unterschiede sind sehr groß: Sie reicht von unter 40 Prozent in Mexiko und Brasilien bis fast 80 Prozent in Schweden und Dänemark. Diese Zahlen spiegelten den unterschiedlichen Zugang zum Gesundheitssystem sowie die Qualität der Diagnostik und Krebsbehandlung wieder.

Bessere Strategien gegen Krebs: Politik ist gefordert

Die Forscher fordern jetzt, die globalen Trends bei der Entwicklung der Krebsüberlebensraten kontinuierlich zu erfassen und zu überwachen. „Dies ist nötig, um die Effektivität der Gesundheitssysteme zu beurteilen“, betont Studienleiterin Allemani. „Nur so können wir den verantwortlichen Politiker helfen, bessere Strategien gegen den Krebs zu entwickeln“, betont Studienleiterin Allemani. Allerdings müssten dafür die Daten in den Krebsregistern verlässlicher und vollständiger werden, und das sei gar nicht so teuer: „In Europa kostet die Registrierung eines Krebsfalls weniger als eine Röntgenaufnahme. Ohne diese Informationen bewegen sich die Gesundheitsministerien im Blindflug im Kampf gegen den Krebs“, so Allemani.

Quelle:

  • Allemani C et al.: „Global surveillance of trends in cancer survival 2000–14 (CONCORD-3): analysis of individual records for 37 513 025 patients diagnosed with one of 18 cancers from 322 population-based registries in 71 countries“. The Lancet, Published: 30 January 2018, DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(17)33326-3

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de