Keine Antioxidantien bei Brustkrebs-Behandlung

Für Frauen mit Brustkrebs sind Antioxidantien während einer Chemotherapie oder Bestrahlung eher tabu, ergab eine Studie. Doch viele halten sich nicht daran.

Antioxidantien gelten als wirkungsvolle Zellschützer, weil sie freie Radikale – aggressive Stoffwechselprodukte –  im Körper unschädlich machen. So bewahren sie die Zellen vor schlimmen Schäden. Viele Vitamine, etwa Vitamin C und E, Mineralstoffe wie Zink und Selen sowie sekundäre Pflanzenstoffe wie Carotinoide, Flavonoide und Saponine zählen zu den Antioxidantien. Die Radikalfänger stecken zum Beispiel in größeren Mengen in Obst, Gemüse oder Vollkornprodukten. Viele Menschen nehmen sie jedoch auch als Nahrungsergänzungsmittel ein, die es in jeder Apotheke, Drogerie, Supermarkt oder im Internet gibt.

Doch jetzt warnen Forscher Frauen mit Brustkrebs davor, Antioxidantien während der Krebsbehandlung einzunehmen, etwa einer Chemotherapie oder Bestrahlung. Denn die Substanzen könnten die Wirksamkeit der Krebstherapie vermindern. Dies ergab eine Studie von Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.

Antioxidantien machen Krebsbehandlung weniger wirksam

Bislang waren die Studienergebnisse sehr uneinheitlich, ob Nahrungsergänzungsmittel mit Antioxidantien für Krebspatienten ratsam sind, vor allem während einer Krebsbehandlung. Die großen Fachorganisationen rieten daher zur Vorsicht beim Einsatz der künstlichen Radikalfänger während eine Chemotherapie oder Bestrahlung. Denn die Antioxidantien schützen nicht nur gesunde Zellen, sondern vermutlich auch Krebszellen vor Schäden. Und genau diesen wollen Onkologen ja mit ihren Behandlungen an den Kragen gehen. Die Antioxidantien sorgen so dafür, dass die Krebsbehandlung womöglich nicht ausreichend wirkt. Die Empfehlung, auf Nahrungsergänzungsmittel während der Krebstherapie zu verzichten, scheint nun besonders für Frauen mit Brustkrebs zu gelten, die nach der Menopause erkrankt sind.

Brustkrebs nach der Menopause: Antioxidantien besonders gefährlich

Das Forscherteam um Audrey Y. Jung untersuchte, ob es einen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Antioxidantien und anderen Nahrungsergänzungsmitteln und dem Verlauf beziehungsweise der Prognose der Brustkrebs-Erkrankung gibt. Dafür werteten sie aus der sogenannten MARIE-Studie („Mamma Carcinoma Risk Factor Investigation“) Daten von 2.223 Frauen aus, die nach der Menopause die Diagnose Brustkrebs erhalten hatten. Ihr Tumor hatte noch nicht in andere Organe wie die Leber, Knochen, Lunge oder das Gehirn gestreut, also keine Metastasen gebildet. 36 Prozent der Frauen hatten vor ihrer Brustkrebs-Erkrankung und 45 Prozent danach Nahrungsergänzungsmittel eingenommen.

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Nahrungsergänzung und Diäten

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Beliebt sind Diäten, pflanzliche, mineralische oder chemische Nahrungsergänzungsmittel sowie Reinigungs- und Entgiftungsmethoden. Dazu gehören zum Beispiel Schüßler-Salze, Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen, Selen und anderen Spurenelementen, Omega-3-Fettsäuren oder die Darmreinigung. Die Behandlungen, greifen in körperliche Vorgänge ein.

Antioxidantien bei Krebstherapie: höhere Sterblichkeit und Rückfallgefahr

Im Verlauf der Studie zählten die Forscher insgesamt 240 Todesfälle. Davon standen 134 mit der Brustkrebserkrankung in Zusammenhang. 200 Frauen erlitten einen Rückfall  – der Brustkrebs kehrte also wieder. Die Menge aller insgesamt eingenommenen Nahrungsergänzungsmittel beeinflusste die Brustkrebsprognose nicht. Allerdings war die zeitgleiche Einnahme von Antioxidantien während der laufenden Krebstherapie mit einer 1,6-fach höheren Sterblichkeit und einem 1,8-fach höheren Rückfallrisiko verbunden. Diesen Schluss zogen die Forscher aus den Daten von 1.940 Frauen, die sich einer Bestrahlung oder Chemotherapie unterzogen hatten.

„Antioxidantien wirken Oxidationsvorgängen entgegen und können somit offensichtlich auch Schäden an Krebszellen abwenden, die man mit einer Bestrahlung und/oder Chemotherapie gerade erreichen möchte“, betont Prof. Stephanie E. Combs, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO). Um alle Risiken auszuschalten, sollten Frauen mit ihrem behandelnden Onkologen über die Ernährung und vor allem die Einnahme jeglicher Nahrungsergänzungsmittel sprechen, rät Combs.

Durch die Nebenwirkungen der Therapien, etwa durch das Erbrechen oder Schleimhautentzündungen, könne tatsächlich eine Unterversorgung mit bestimmten Nährstoffen entstehen. „Ein solcher Mangel lässt sich aber gezielt diagnostizieren und mit geeigneten Präparaten beheben“, erklärt die Expertin.

Abwechslungsreiche Ernährung bei Brustkrebs  

Ärzte sind sich darin einig, dass sich Krebspatienten grundsätzlich abwechslungsreich und ausgewogen ernähren sollten. Je abwechslungsreicher, frischer und hochwertiger die Nahrungsmittel sind, desto mehr gesunde Stoffe enthalten sie. Auf den Speiseplan gehören Obst und Gemüse, Eier, Milchprodukte, Fleisch und Fisch, die natürliche Antioxidantien enthalten.

„Von der Einnahme hochkonzentrierter Antioxidantien in Form von Nahrungsergänzungsmitteln raten wir ab.“

Prof. Wilfried Budach, DEGRO-Präsident

Dass viele Krebspatienten sind daran nicht halten, zeigen Umfragen. Besonders beliebt ist die Einnahme von Präparaten mit Vitaminen und Spurenelementen zusätzlich zur „normalen“ Krebstherapie. „Manche nehmen Dosierungen ein, die mitunter mehr als das Zehnfache des empfohlenen Tagesbedarfs betragen“, schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft auf ihrer Webseite. Damit verbunden sei die Hoffnung, die Krebserkrankung bremsen zu können, die Nebenwirkungen der Chemo- oder Strahlentherapie zu mildern und das angeschlagene Immunsystem zu stärken.

Quellen:

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de