Sport statt Bettruhe bei Chemotherapie!
Sport besitzt viele positive Effekte. Er dämpft die Nebenwirkungen einer Chemotherapie bei Krebs. Doch bestimmte Krebspatienten profitieren am meisten.
Sport ist ein wirksamer Krebsschutz. Regelmäßige körperliche Aktivität trägt dazu bei, dass Krebs erst gar nicht enststeht. Bewegung hilft aber auch Menschen, die schon an Krebs erkrankt sind. Gegen die Nebenwirkungen einer Chemotherapie, etwa Nervenschädigungen in den Händen und Füßen, gebe es ein einfaches und kostengünstiges Mittel: Sport! Dies berichten Forscher des University of Rochester Wilmot Cancer Institute auf dem Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) 2016 in Chicago.
Chemotherapie – Ältere profitieren am meisten vom Sport
An der Studie nahmen mehr als 300 Krebspatienten teil. Die einen absolvierten zuhause ein spezielles, sechswöchiges Walking-Programm mit einer milden Belastungsintensität. Die anderen Probanden trieben keinen Sport. Die Forscher verglichen das Ausmaß der Nervenschmerzen in beiden Gruppen. Krebspatienten, die während der Chemotherapie Sport getrieben hatten, berichteten von deutlich weniger von neuropathischen Beschwerden wie einem plötzlich einschießenden oder brennenden Schmerz, Kribbeln, Taubheitsgefühlen oder Empfindungsstörungen wie eine Überempfindlichkeit gegenüber Kälte. Am meisten profitierten ältere Krebspatienten von der körperlichen Aktivität, sagt der Hauptautor der Studie, Ian Kleckner.
Nervenschäden nicht bei jeder Chemotherapie
Nicht alle zellschädigenden Mittel – also Zytostatika, die Krebsärzte bei einer Chemotherapie einsetzen – verursachen Schäden an den peripheren Nerven in den Händen und Füßen. Aber 60 Prozent der Patienten mit Brustkrebs und anderen bösartigen Tumoren erhalten Taxane, Vincaalkaloide und Zytostatika, die auf dem Metall Platin basieren. Und diese Patienten müssen mit dieser Art von Nebenwirkung rechnen. Derzeit gibt es keine zugelassene Behandlung für die Nervenerkrankung in Folge einer Chemotherapie.
Sport hat viele positive Effekte bei Chemotherapie
Das Trainingsprogramm „Exercise for Cancer Patients“, kurz EXCAP, wurden schon vor Jahren entwickelt und in verschiedenen klinischen Studien getestet. Auf dem ASCO-Jahrestreffen 2015 präsentierten Forscher die Ergebnisse einer Untersuchung mit mehr als 600 Krebspatienten. EXCAP reduzierte chronische Entzündungsprozesse und kognitive Beeinträchtigungen wie Konzentrations,- Denk- und Merkfähigkeitsstörungen. Fachleute sprechen vom „Chemobrain“, weil die Störungen häufig nach einer Chemotherapie auftreten.
Sport ist also nicht nur ein wirksames Mittel, um sich vor Krebs zu schützen, sondern auch um eine Krebsbehandlung besser zu überstehen. Kleckner, ein ehemaliger Bodybuilder und Rugbyspieler, sagt: „Sport wirkt wie ein Vorschlaghammer, weil er so viele biologische und psycho-soziale Prozesse gleichzeitig beeinflusst – die Schaltkreise im Gehirn, Entzündungen und die sozialen Interaktionen. Medikamente dagegen haben nur ein spezifisches Ziel.“ Als nächstes wollen die Forscher herausfinden, wie Sport genau wirkt, wie der Körper auf körperliche Aktivität während der Krebsbehandlung reagiert und wie Sport das Gehirn beeinflusst.
Krebspatienten – Bewegung statt Bettruhe!
Es hat sich einiges geändert in der Krebstherapie. Noch vor Jahren warnten Krebsärzte, Sport sei für Krebspatienten keine sichere Angelegenheit. Stattdessen empfahlen Onkologen ihren Patienten Schonung, Entspannung und Bettruhe während einer Chemotherapie. Doch heute raten sie zu moderater Bewegung. Manchmal radeln Patienten (in Studien an Krebszentren) sogar während einer Chemotherapie auf dem Fahrradergometer. So verteilen sich die Zytostatika schneller und besser im gesamten Körper. „Wir wissen heute, dass Sport nicht nur sicher ist, sofern er richtig ausgeübt wird, sondern auch messbare Effekte hat“, sagt Karen Mustian vom Cancer Control Program der Universität.
Gut sind Ausdauersportarten wie (Nordic) Walking, Radfahren, Schwimmen oder Wandern. Allerdings kommt es auf die richtige Sportdosis an, die für jeden Patienten unterschiedlich sein kann. „Mehr Sport ist nicht immer besser für Patienten, die durch eine Chemotherapie gehen“, betont Mustian. „Wir brauchen ein Programm für den Sport, das auf die Patienten individuell zugeschnitten ist.“
Quellen:
- American Society of Clinical Oncology (ASCO), Annual Meeting, 3. -7. Juni 2016, Chicago
- University of Rochester Wilmot Cancer Institute, www.urmc.rochester.edu, Juni 2016
Ingrid Müller
Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de