Komplementärmedizin bei Brustkrebs – was wirkt, was nicht?
Die Komplementärmedizin bei Brustkrebs ist beliebt unter den Frauen. Was versprechen Vitamine, grüner Tee, Kurkuma, Soja, Selen, Akupunktur oder Homöopathie? Und welche Risiken bergen alternative Heilmethoden bei Krebs? Die Übersicht!
Viele Krebspatienten setzen auf die Alternativmedizin oder Komplementärmedizin im Kampf gegen ihren Tumor. Umfragen ergaben, dass 50 bis 90 Prozent aller Frauen mit Brustkrebs komplementäre Krebstherapien nutzen. Sie vertrauen nicht alleine auf Medikamente, sondern wollen selbst etwas tun, um dem Krebs Paroli zu bieten, die Nebenwirkungen im Zaum zu halten und zur Heilung beizutragen. Allerdings verschweigen viele Frauen mit Brustkrebs ihrem Arzt, welche Nahrungsergänzungsmittel sie genau anwenden, in welcher Dosierung und wie oft sie das tun. Und das kann Folgen haben. Denn auch komplementärmedizinische Methoden besitzen Risiken. Sie können mit anderen Krebstherapien wie der Chemotherapie und Bestrahlung unangenehme Wechselwirkungen erzeugen. Oft fehlt zudem der wissenschaftliche Nachweis, dass sie tatsächlich wirksam sind.
Komplementärmedizin bei Brustkrebs – nie Ersatz, nur Ergänzung
Krebspatienten, die sich ausschließlich mit der Alternativmedizin behandeln lassen, gehen ein hohes Risiko ein. Erst kürzlich zeigte eine US-Studie, dass viele die ersten fünf Jahre nach der Krebsdiagnose nicht überleben. Deshalb betonen Krebsärzte, dass alternative Heilmethoden niemals ein Ersatz für die Schulmedizin sein dürfen, sondern immer nur eine Ergänzung zu etablierten Krebsbehandlungen. „Integrative Onkologie“ ist der Fachbegriff dafür. An einigen Universitäten in Deutschland gibt es sogar eigene Forschungseinrichtungen dafür, zum Beispiel am Universitätsklinikum Jena.
Fotostrecke: Alternativmedizin bei Krebs – die wichtigsten Methoden
Nahrungsergänzung und Diäten
Beliebt sind Diäten, pflanzliche, mineralische oder chemische Nahrungsergänzungsmittel sowie Reinigungs- und Entgiftungsmethoden. Dazu gehören zum Beispiel Schüßler-Salze, Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen, Selen und anderen Spurenelementen, Omega-3-Fettsäuren oder die Darmreinigung. Die Behandlungen, greifen in körperliche Vorgänge ein.
Komplementärmedizin bei Brustkrebs – alle Mittel und Methoden!
Die im Dezember 2017 aktualisierte Leitlinie zu Brustkrebs hat jetzt die am häufigsten eingesetzten Methoden der Alternativmedizin gelistet und den Nutzen sowie die Risiken bewertet – eine Übersicht.
Substanz/Methode | Angebliche Wirkung | Nebenwirkungen | Interaktionen |
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Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern | bei Rauchern besteht eine erhöhte Gefahr, dass Tumore auftreten | Betacarotin ist ein sogenanntes Antioxidans, das gefährliche freie Radikale im Körper unschädlich macht; Betacarotin schwächt möglicherweise die Wirkung von Chemotherapie und Strahlentherapie ab. |
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Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern
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in hoher Dosierung sind Schädigungen der Nieren möglich
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Vitamin C zählt zu den Antioxidantien, es könnte die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapie abschwächen
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Wirkung gegen Tumoren
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Vitamin C kann das Tumorwachstum fördern (im Labor, in vitro)
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schwächt womöglich die Wirkung von Zytostatika und Bestrahlung
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Knochenschwund (Osteoporose) vorbeugen, Prognose bei Krebs verbessern
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Keine Nebenwirkungen bei normaler Dosierung
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keine Wechselwirkungen bekannt, schlechtere Prognose bei niedrigen Vitamin D-Werten im Serum |
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Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern, Wechseljahresbeschwerden lindern
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nicht bekannt
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Hinweise (in Laborversuchen), dass Vitamin E die Wirkung von Tamoxifen (Antihormontherapie) abschwächt
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Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern | kurzfristig auch hoch dosierter Einsatz ohne Nebenwirkungen, langfristige Anwendung von Selen nur unter Kontrolle des Selenspiegels im Blut
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keine Hinweise darauf, dass Selen die Wirkung von Krebsbehandlungen abschwächt
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Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern | Zink ist (im Labor) wichtig für das Wachstum von Krebszellen, es ist nicht auszuschließen, dass Zink das Tumorwachstum fördert | Keine Wechselwirkungen bekannt |
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Wirkung gegen Tumoren
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ab acht Gramm Curcumin täglich: Magen-Darm-Beschwerden | Im Laborversuch vereinzelt Hinweise auf entgegengesetzte Wirkungen zur Chemotherapie |
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Wirkung gegen Tumoren, Rückfällen vorbeugen | In hoher Dosierung Nebenwirkungen wie bei Koffein
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Daten aus Laborversuchen sprechen überwiegend für ein positives Zusammenwirken
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Wirkung gegen Tumoren, Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern | Allergien, in Laborversuchen Hinweise auf verstärktes Tumorwachstum | unklar, ob die Stimulation des Immunsystems durch die Misteltherapie das Risiko für Überempfindlichkeitsreaktionen auf Krebsmedikamente erhöht |
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Hitzewallungen lindern
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nicht bekannt | nicht bekannt |
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Hitzewallungen lindern
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widersprüchliche Daten, aber Brustkrebswachstum vielen Studien nachgewiesen
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schwächt die Wirkung der Antihormontherapie ab
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Wirkung gegen Tumoren, positive Zusammenwirkung mit der Chemotherapie, Verträglichkeit der Zytostatika verbessern | nicht bekannt | nicht bekannt, aber verstärkte Reaktionen des Immunsystems durch Heilpilze sind möglich |
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Wirkung gegen Tumoren, Rückfällen vorbeugen, Verträglichkeit der Chemotherapie verbessern | nicht bekannt | Nicht bekannt, aber möglichweise verstärkt die Thymustherapie Reaktionen des Immunsystems
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Wirkung gegen Tumoren, positives Zusammenwirken mit der Chemotherapie, Verträglichkeit der Zytostatika verbessern | nicht bekannt | nicht bekannt, aber verstärkte Reaktionen des Immunsystems durch die Immunstimulanzien sind möglich |
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Wirkung gegen Tumoren, positives Zusammenwirken mit der Chemotherapie, Verträglichkeit der Zytostatika verbessern | nicht bekannt, aber unzureichende Daten | nicht bekannt, aber unzureichende Daten |
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Nebenwirkungen der Krebsbehandlungen lindern, zum Beispiel Übelkeit, Schmerzen, Hitzewallungen | nicht ausreichend bekannt und belegt
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nicht bekannt
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Nebenwirkungen der Krebsbehandlungen lindern, Lebensqualität verbessern | keine | höher potenzierte Präparate können keine Wechselwirkungen zeigen, bei Urtinkturen und Niedrigpotenzen sind sie aber nicht auszuschließen |
Tipp! Besprechen Sie immer mit Ihrem behandelten Onkologen, ob und welche Methode der Komplementärmedizin für Sie in Frage kommt!
Quelle:
- Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinom, Dezember 2017
Weitere Informationen zu Alternativmedizin bei Krebs
- Deutsches Krebsforschungszentrum (dkfz) zu alternativen und komplementären Heilmethoden bei Krebs
- Deutsche Krebsgesellschaft: Möglichkeiten und Grenzen der Komplementärmedizin
- Bayerische Krebsgesellschaft: Ratgeber Komplementärmedizin (als PDF-Download)
- Kompetenznetz Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON)
Ingrid Müller
Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de