Knochenmetastasen bei Brustkrebs früher aufspüren

Forscher haben zwei Eiweiße gefunden, mit denen sich das Risiko für Knochenmetastasen bei Brustkrebs besser einschätzen lässt. RANKL und OPG heißen sie abgekürzt.

Knochenmetastasen bei Brustkrebs sind gefürchtet unter den Frauen und Ärzten. Sie entstehen, wenn sich Krebszellen aus dem Tumor lösen und über die Blut- und Lymphbahnen im Körper ausbreiten. Oft bemerken Frauen über längere Zeit nicht, dass sich Metastasen in den Knochen gebildet haben. Erst, wenn sich Knochenschmerzen entwickeln, suchen sie einen Arzt auf.

Forscher des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden und der Universitätsklinik Essen identifizierten jetzt zwei Biomarker, mit denen sich der Verlauf der Brustkrebserkrankung über zehn Jahre hinweg besser vorhersagen lassen. Denn nicht jede Frau mit Brustkrebs besitzt ein erhöhtes Risiko für Knochenmetastasen. Mit Hilfe der Biomarker lasse sich die Gefahr für Krebsabsiedelungen in den Knochen zukünftig vielleicht präziser einschätzen, hoffen die Forscher. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichen sie im Fachblatt Clinical Cancer Research.

Höhere Eiweißspiegel – höheres Risiko für Knochenmetastasen

An der Studie nahmen 509 Frauen mit Brustkrebs teil. Ihr Tumor in der Brust befand sich noch in einem frühen Stadium und hatte nicht in andere Organe gestreut, zum Beispiel in die Knochen, Lunge, Leber oder das Gehirn. Zum Zeitpunkt der Operation bestimmten die Forscher um Dr. Tilman Rachner vom Uniklinikum Dresden besondere Tumorzellen und zwei Eiweiße im Blut, die ganz allgemein für den Knochenstoffwechsel wichtig sind:

  • Das Protein RANKL reguliert vor allem die Bildung und Aktivität von knochenabbauenden Zellen, den Osteoklasten. RANKL ist das Kürzel für den englischen Namen „Receptor Activator of NF-κB Ligand“.
  • Als zweites Eiweiß hatten sie das Osteoprotegerin (OPG) im Blick. Dieses interagiert mit RANKL und verhindert, dass die Osteoklasten aktiviert werden. So blockiert OPG letztlich den Abbau von Knochen.
  • Zudem analysierten die Forscher die Menge an Tumorzellen, die schon im Knochenmark verstreut waren (disseminierte Tumorzellen, kurz DTC).

Sie fanden heraus, dass ein hoher RANKL-Spiegel vor allem bei Brustkrebspatientinnen mit nachgewiesenen verstreuten Tumorzellen im Knochenmark auftrat. Diese hatten ein fast fünffach erhöhtes Risiko, später Knochenmetastasen zu entwickeln.

Einige wenige Tumorzellen im Knochenmark hinterlassen bereits deutliche Spuren bei diesen Biomarkern

Dr. Tilman Rachner, Studienkoordinator

Dank der beiden Eiweiße RANKL und OPG ließe sich jetzt die mögliche Bildung von Metastasen besser einschätzen. Eine frühzeitige Analyse dieser beiden Biomarker und die Bestimmung von DTC könnten eventuelle Knochenmetastasen bei Brustkrebspatientinnen besser vorhersagen, so die Forscher. Es seien jedoch weitere Studien nötig, bevor diese Bluttests im klinischen Alltag einsetzbar seien.

Knochenmetastasen bei Brustkrebs: Hilft ein bewährtes Medikament?

Das Eiweiß RANKL kennen Forscher schon länger, und zwar im Rahmen der Krankheit Knochenschwund (Osteoporose). Gut ist, dass es schon ein bewährtes Medikament auf dem Markt gibt: den Antikörper Denosumab, der am RANKL-Protein ansetzt und es blockiert. „Daraus ergibt sich eine interessante Therapiemöglichkeit, vor allem bei einer Hoch-Risiko-Gruppe für Knochenmetastasen“, erklärt Prof. Lorenz Hofbauer, Sprecher des nationalen Schwerpunktprogramms µBONE der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Dieses Projekt zielt darauf ab, Mechanismen der Knochenbesiedlung durch Tumoren zu erforschen und daraus neue Ansätze zur Prävention und Therapie von Knochenmetastasen zu entwickeln.

Wie hoch ist das Risiko für Knochenmetastasen bei Brustkrebs?

Knochenmetastasen sind keine Seltenheit bei verschiedensten Krebsarten, etwa Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungenkrebs oder schwarzem Hautkrebs. Etwa 3 von 100 Frauen mit Brustkrebs haben schon bei der ersten Diagnose Metastasen im Körper. Bei drei Viertel dieser Brustkrebspatientinnen finden Ärzte die Tochtergeschwülste zunächst im Knochen. In diesem Fall ist die Krebserkrankung schon fortgeschritten. Krebsspezialisten schätzen, dass langfristig jede vierte Frau mit Brustkrebs mit Metastasen rechnen muss. Das ist jedoch nur die Statistik. Es hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie hoch das individuelle Risiko für Metastasen ist, zum Beispiel:

In den ersten Jahren ist das Risiko für die Bildung von Metastasen am höchsten. Dann sinkt es mit der Zeit. Zwischen Brustkrebs und anderen Krebsarten gibt es aber einen nicht unerheblichen Unterschied: Auch Jahre nach der ersten Diagnose ist das Risiko für Metastasen nicht gänzlich ausgeschlossen.

Knochenmetastasen – Symptome und Behandlung

Die Krebszellen im Knochen produzieren verschiedene Botenstoffe und Wachstumsfaktoren. So werden die knochenabbauenden Zellen stärker stimuliert. Das Gleichgewicht zwischen dem Auf- und Abbau des Knochens verschiebt sich zugunsten des Abbaus. Bei der Osteoporose laufen ähnliche Prozesse ab, aber bei Knochenmetastasen geschehen sie deutlich schneller.

Knochenmetastasen bleiben oft lange unbemerkt. Das häufigste Symptom sind Knochenschmerzen. Ist der betroffene Knochen erheblich in Mitleidenschaft gezogen, wird er immer instabiler und kann schließlich sogar brechen. Befallen die Knochenmetastasen die Wirbelsäule, können sie den Rückenmarkkanal einengen – dann drohen Lähmungen.

Knochenmetastasen lassen sich durch eine Skelettszintigrafie ausfindig machen. Die wichtigsten Behandlungen bei Knochenmetastasen sind die Strahlentherapie (Radiotherapie), Antihormontherapie, Chemotherapie, Bisphosphonate (Medikamente gegen Osteoporose), zielgerichtete Medikamente mit Antikörpern („targeted therapy), chirurgische Entfernung und Schmerzmitteln. Ärzte versuchen so, die Erkrankung  möglichst lange unter Kontrolle zu halten, Symptome zu lindern und eine gute Lebensqualität zu erreichen.

Quelle:

  • Rachner TD et al. Prognostic value of RANKL/OPG serum levels and disseminated tumor cells in non-metastatic breast cancer. Clinical Cancer Research, 13. November 2018
    doi: 10.1158/1078-0432.CCR-18-2482.
  • Deutsche Krebsgesellschaft, www.krebsgesellschaft.de (Abruf: 7.1.2019)
  • Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), www.krebsinformationsdienst.de (Abruf: 7.1.2019)

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de