Wie Fettleibigkeit Brustkrebs aggressiver macht

Fettleibige Frauen entwickeln oft eine aggressive Form von Brustkrebs. Doch wie hängen die vielen Pfunde mit dem bösartigen Tumor in der Brust zusammen? Forscher deckten jetzt einen Mechanismus auf, wie Metastasen schneller entstehen.

Fettleibigkeit (Adipositas) ist ein weltweites Problem. Immer weiter klettern die Zahlen der adipösen Menschen. Auch in Deutschland ist das Dicksein mittlerweile normal. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts gilt ein Viertel der Erwachsenen hierzulalnde als fettleibig – Männer wie Frauen. Selbst unter Kindern und Jugendlichen ist die Adipositas schon weit verbreitet: Schätzungsweise sechs Prozent aller Sprösslinge schleppen so viele Pfunde mit sich herum, dass Ärzte sie als fettleibig einstufen. Ein Erwachsener gilt als adipös, wenn er einen Body-Mass-Index von 30 und mehr hat. Die vielen Kilos gehen an Körper und Seele nicht spurlos vorbei: Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Gelenkprobleme, psychische Leiden wie Depressionen oder Angsstörungen und sogar Krebs sind die Folgen. Forscher des Helmholtz Zentrums München, der Technischen Universität München (TUM) und des Universitätsklinikums Heidelberg deckten jetzt einen Zusammenhang zwischen der Adipositas und Brustkrebs auf, der bislang noch unbekannt war: Bestimmte Botenstoffe, die bei Fettleibigkeit im Blut kursieren, machen Brustkrebszellen aggressiver. Der Krebs bildet Metastasen und breitet sich stärker aus. In einem zweiten Versuch ließ sich dieser Prozess aber stoppen.

Brustkrebs und Fettleibigkeit – so entstehen Metastasen

Krebszellen sind schlau und nutzen verschiedenste Wege, um sich zu vermehren und auszubreiten. Eine wesentliche Rolle dabei spielt das Enzym namens Acetyl-CoA-Carboxylase 1, abgekürzt ACC1; es ist am Aufbau von Fettsäuren beteiligt. Es gibt aber zwei Botenstoffe, die das Enzym an seiner Arbeit hintern: die Substanzen Leptin und TGF-β. Und diese sind bei fettleibigen Menschen besonders oft zu finden. Ist das Enzym ACC1 blockiert, sammelt sich eine Fettsäurevorstufe in den Zellen an, das Acetyl-CoA. Und diese Vorstufe aktiviert wiederum bestimmte „Genschalter“ im Erbgut. Jetzt werden Gene abgelesen, welche die Fähigkeit der Krebszellen zur Metastasierung erhöhen. „Anhand von menschlichem Gewebe aus Brustkrebsmetastasen konnten wir zeigen, dass ACC1 dort deutlich weniger aktiv war“, erklärt Marcos Rios Garcia, der Erstautor der Studie.

In einem weiteren Versuch blockierten die Forscher diesen neuen Signalweg mit einem Antikörper. Das Ergebnis war, dass sich die Brustkrebszellen deutlich weniger ausbreiteten und Metastasen bildeten. In weiteren Studien wollen sie jetzt herausfinden, ob der Antikörper eine neue Behandlungsmöglichkeit bei Brustkrebs sein könnte. Möglicherweise gibt es noch mehr Stellschrauben, an denen es sich therapeutisch drehen lässt, etwa an den Genschaltern. „Das Abschalten der Metastasierungsgene könnte ebenfalls ein therapeutische Angriffspunkt sein“, hofft Studienleiter Prof. Stephan Herzig. So ließe sich das Risiko von Metastasen oder eines Rückfalls eventuell schon vor einer Brustkrebsoperation senken.

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Fettleibige haben oft aggressiven Brustkrebs

Etwa 74.000 Frauen in Deutschland erkranken jedes Jahr neu an Brustkrebs. Die Heilungschancen bei Brustkrebs stehen heute gut dank Früherkennung und verbesserter Therapien. Rund 85 Prozent der Frauen leben fünf Jahre nach der Brustkrebsdiagnose noch. Doch einige erleiden einen Rückfall und der Brustkrebs kehrt trotz Behandlung wieder. Rund 18.000 Frauen sterben jährlich an Brustkrebs, weil der Tumor in andere Organe streut und dort Metastasen bildet, vor allem in der Leber, Lunge, den Knochen und im Gehirn. Studie zeigen, dass Adipositas mit aggressiven Formen von Brustkrebs verbunden ist, die schnell Metastasen bilden. Vor allem fettleibige Frauen nach den Wechseljahren haben ein erhöhtes Risiko, dass der Brustkrebs streut. Ärzte raten deshalb allen Krebspatienten, auf ihren Lebensstil zu achten: eine gesunde Ernährung und Sport treiben! Beide Maßnahmen lassen überflüssig Pfunde schmelzen und sorgt für ein gesundes Gewicht.

Quellen:

  • Rios Garcia, M. et al. (2017): Acetyl-CoA Carboxylase 1-Dependent Protein Acetylation Controls Breast Cancer Metastasis and Recurrence. Cell Metabolism, DOI: 10.1016/j.cmet.2017.09.018
  • Deutsche Adipositas Gesellschaft, www.adipositas-gesellschaft.de (Abruf: 3.11.2017)
  • Robert Koch-Institut „Übergewicht und Adipositas„, www.rki.de (Abruf: 3.11.2017)

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de