Fatigue bei Krebs – Sport besser als Medikamente

Fatigue bei Krebs ist keine Seltenheit. Vielen Krebspatienten macht die chronische Erschöpfung zu schaffen. Doch Sport vertreibt die Müdigkeit!

Fatigue quält viele Krebspatienten nach den kräftezehrenden Krebstherapien. Typisch sind lähmende Müdigkeit, Erschöpfung, Lustlosigkeit, fehlende Motivation und Antriebslosigkeit. Selbst ausreichender Schlaf und Ruhepausen untertags können die chronische Müdigkeit nicht vertreiben. Die Erschöpfung wird zum Dauerzustand, der die Lebensqualität oft beträchtlich schmälert. Was tun bei Fatigue? Sport treiben! Zu diesem Schluss kommen Forscher des US-amerikanischen Wilmot Cancer Institute an der University of Rochester. Bewegung wirke im Kampf gegen die chronische Fatigue deutlich besser als jedes Medikament, berichten sie im Fachmagazin JAMA Oncology.

Sport gegen Fatigue: Spaziergang statt Kaffee

Die Forscher analysierten 113 Studien mit mehr als 11.000 Krebspatienten, die allesamt unter Fatigue litten. Die chronische Erschöpfung ist die häufigste Begleiterscheinung während und nach einer Krebs-Behandlung. Genaue Zahlen darüber, wie viele Menschen die Fatigue bei Krebs trifft, gibt es nicht. Die Studien hatten verschiedene Möglichkeiten der Fatigue-Behandlung getestet – von Sport über Medikamente bis zur Psychotherapie. Mehr als die Hälfte der Probanden waren Frauen mit Brustkrebs. Zehn Studien umfassten andere Krebsarten und nur Männer.

Die Daten zeigten, dass körperliche Aktivität die Fatigue bei Krebs am wirkungsvollsten reduzierte. Ähnlich positive Effekte zeigten psychotherapeutische Maßnahmen. Dazu gehörten die Wissensvermittlung über die Fatigue und die Verhaltenstherapie, die an den persönlichen Gewohnheiten und bestimmten Denkmustern ansetzt, die mit dem chronischen Fatigue-Syndrom verbunden sind. Auch die Kombination aus Sport und Psychotherapie reduziert die Fatigue. „Wenn ein Krebspatient Probleme mit der Fatigue hat, sollte er besser 15 Minuten spazieren gehen als unzählige Tassen Kaffee zu trinken, ein Nickerchen einzulegen oder Medikamente zu schlucken“, rät die Studienleiterin Karen Mustian. Bewegung gegen Fatigue sei ein sehr einfaches Rezept.

Video Deutsche Krebshilfe: Fatigue

 

Medikamente gegen Fatigue weniger gut wirksam

Medikamente schnitten dagegen bei der Wirksamkeit gegen Fatigue weniger gut ab. Dazu gehörten beispielsweise Stimulanzien wie Modafinil, das Ärzte normalerweise gegen Narkolepsie einsetzen, oder Ritalin – ein Medikament gegen das Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndrom (ADHS). „Diese Medikamente wirken nicht sehr gut, obwohl Ärzte sie regelmäßig verschreiben“, betont Mustian. Krebspatienten nähmen ohnehin schon jede Menge Medikamente ein, die alle Risiken und Nebenwirkungen besitzen. „Jedes Medikament, dass durch eine andere Behandlung ersetzt wird, bringt den Patienten Vorteile“, so Mustian weiter.

Fatigue bei Krebs: Training schon während der Krebs-Behandlung

Dass Sport gegen Fatigue gut wirkt, haben schon mehrere Untersuchungen gezeigt. Ärzte raten heute, mit dem Training schon während der Krebs-Behandlung wie der Chemotherapie und Bestrahlung zu beginnen. Wichtig ist maßvolle Bewegung, die den angeschlagenen Körper nicht zu viel strapaziert. Gut sind zum Beispiel ein Krafttraining, das die Muskulatur stärkt, oder ein Ausdauertraining auf dem Laufband oder Fahrradergometer. Sport fördert ganz allgemein die Leistungsfähigkeit und ist gut fürs Gemüt. Das wiederum steigert das Wohlbefinden und die Lebensqualität.

Chronische Erschöpfung: Ursachen noch unklar

Die chronische Fatigue hat nichts mit einer normalen Müdigkeit zu tun, wie sie wohl jeder Mensch kennt. Das chronische Müdigkeitssnydrom dauert oft über Monate oder sogar Jahre an, in denen sich Krebspatienten durch ihren Alltag schleppen. Auch ein Beruf ist meist nicht mehr möglich. Im schlimmsten Fall vermindert die Fatigue sogar die Überlebenschancen, weil sie dazu führt, dass Patienten ihre Krebstherapien abbrechen. Das US-amerikanische National Cancer Institute hat die Fatigue deshalb als Forschungsaufgabe mit der Priorität Nummer eins definiert.

Die Ursachen der chronischen Müdigkeit sind noch nicht abschließend geklärt. Forscher vermuten aber, dass die Fatigue das Ergebnis einer chronischen Entzündung ist, deren Auslöser wiederum die Krebskrankheit selbst oder die folgenden Krebs-Behandlungen sind. Auch die seelische und geistige Dauerbelastung spielt vermutliche als Fatigue-Ursache eine wesentliche Rolle.

Mehr Infos zu Fatigue bei Krebs

Quelle: Mustian KM et al. Comparison of Pharmaceutical, Psychological, and Exercise Treatments for Cancer-Related Fatigue – A Meta-analysis, Jama Oncology, doi:10.1001/jamaoncol.2016.6914, Juli 2017

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de