Brustkrebs-Strahlentherapie: Deo doch erlaubt

Deo während der Bestrahlung? „Nein!“ raten die meisten Radiologen Frauen mit Brustkrebs. Doch der Tipp scheint ein Mythos zu sein.

Vom Deo raten Radiologen Frauen mit Brustkrebs gewöhnlich ab, wenn sie sich einer täglichen Strahlentherapie unterziehen. Acht von zehn Frauen sagen, diesen Tipp von ihren Ärzten erhalten zu haben. Und etwa genauso viele Ärzte bestätigen, ihren Brustkrebspatientinnen diesen Hinweis routinemäßig zu geben. Ihre Angst: Die Strahlen könnten noch größere Hautschäden anrichten als sie es ohnehin schon tun. Eine aktuelle Studie der University of Pennsylvania ging dem Mythos des Deoverzicht während einer Radiotherapie jetzt auf den Grund. Die Forscher fanden heraus, dass der Tipp, kein Deo anzuwenden, wissenschaftlich nicht haltbar ist.

Kein Deo bei Bestrahlung: der Ratschlag ist populär!

Im ersten Teil der Studie stützten sich die Forscher auf Daten aus OnkoLink, einem Online-Service für Krebspatienten und Ärzte, welche Radioonkologen der Penn University betreiben. In einer Umfrage wollten sie wissen, welcher Prozentsatz der Brustkrebspatientinnen und Ärzten den Ratschlag bekamen beziehungsweise erteilten, währende der Strahlentherapie kein Deo zu verwenden. Von 105 befragten Ärzten und Krankenschwester, die regelmäßig Hautentzündungen durch die Radiotherapie (Radiodermatitis) behandeln, gaben 86 (82 Prozent) den Tipp, auf Deo während dieser Krebsbehandlung zu verzichten. Und 73 von 92 Frauen mit Brustkrebs (79 Prozent) erklärten, diese Empfehlung von ihrem Arzt bekommen zu haben. „Wir glauben, dass der Ratschlag sehr populär ist“, sagt Studienleiter Brian C. Baumann, auch wenn nur wenige Ärzte und Brustkrebspatientinnen an der Umfrage teilgenommen hätten.

Brustkrebs-Bestrahlung: mehr Hautschäden dank Deo?

Wie gefährlich Deos in Kombination mit der Krebsbestrahlung tatsächlich sind, wollten die Forscher im zweiten Teil der Studie herausfinden. Dafür setzten sie ein spezielles Dosimeter ein (optically stimulated luminescent dosimeter, OSLD). Mit diesem Messgerät lässt sich die Menge der Oberflächenstrahlung. die mit jeder Strahlendosis aufgenommen wird, genau bestimmen. Ihre Tests führten sie mit Hilfe dreier Papierquadrate durch: Eines blieb frei von jeglicher Substanz, das zweite erhielt eine dicke Deo-Schicht und das dritte eine dicke Schicht mit einem extra starken Deo, das 25 Prozent Aluminium-Zirconium-Tetrachlorhydrat enthielt. Das Metall Aluminium ist ein gängiger Bestandteil von Antitranspirantien. „Wir wollten wissen, ob die Strahlung das Metall trifft, splittern lässt und so die Strahlen vom eigentlichen Ziel in andere gesunde Hautbereiche lenkt“, erklärt Baumann.

Die Papierquadrate platzierten sie in den Strahlengang und bestimmten die absorbierte Strahlendosis mittels OSLDs. „Wir fanden keinen deutlichen Unterschied in der Oberflächendosis – mit oder ohne Deo“, sagt Baumann. Auch wenn sie die Winkel der Strahlen veränderten, blieben die Ergebnisse gleich. Frauen nach Brustkrebs könnten also ohne Weiteres ein Deo während der Bestrahlung verwenden, ohne noch größere Hautschäden zu riskieren.

Strahlentherapie und Deo: „Radiologen können großzügiger sein“

Das Gerücht des Deoverzichts während einer Krebs-Bestrahlung hält sich hartnäckig, obwohl es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt. Studien konnten bislang nicht zeigen, dass das Deo die Haut während der Radiotherapie stärker schädigt. Dennoch hätten diese Ergebnisse keinen Einfluss auf die klinische Praxis gehabt, sagt Baumann. Dies zeige, dass die Krebsärzte entweder die Ergebnisse nicht kennen, oder diese eher skeptisch betrachten. „Die Studie zeigt aber, dass Ärzte großzügiger sein können, was die Deonutzung während der Bestrahlung angeht“, schlussfolgert Baumann. „Ein Verzicht aufs Deo über drei bis sechs Wochen kann die Lebensqualität der Frauen nämlich erheblich schmälern.“

Quelle: Baumann BC et al. Avoiding antiperspirants during breast radiation therapy: Myth or sound advice?Radiotherapy and Oncology, DOI: http://dx.doi.org/10.1016/j.radonc.2017.06.021, July 2017

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de