Krebs kann arm machen

Schon die Diagnose Krebs ist ein heftiger Einschnitt ins Leben. Für die Krebspatienten kann es aber noch schlimmer kommen – vor allem Männer mit Krebs drohen, arm zu werden.

Arbeiten trotz Krebstherapien wie Operation, Chemotherapie und Bestrahlung? Die wenigsten fühlen sich fit genug dafür, wenn sie mit den Nebenwirkungen der Krebsbehandlung kämpfen. Auch nach einer Krebs-Reha sind viele nicht in der Lage, voll arbeiten zu gehen. Und das hat Folgen, wie eine neue Studie ergab. Krebspatienten können deutlich weniger Stunden arbeiten als vor ihrer Krebsdiagnose – und damit sinkt ihr Einkommen rapide und sie drohen, arm zu werden Das gelte vor allem für erwachsene Männer, berichten Forscher von der University of Wyoming in Laramie. Damit sei nicht nur die Krebsdiagnose für die Krebspatienten eine echte Herausforderung, sondern auch ihre finanzielle Situation.

Krebsdiagnose – weniger Arbeit, weniger Geld

Die Forscher um Anna Zajacova analysierten Daten aus der Panel Study of Income Dynamics, welche die individuelle und familiäre wirtschaftliche Lage der Studienteilnehmer zwischen 1999 und 2009 erfasste. Anhand bestimmter Rechenmodelle ermittelten die Forscher den Einfluss der Krebserkrankung auf die Bezahlung, gearbeiteten Stunde, den individuellen Verdienst sowie das Familieneinkommen.

Nach der Diagnose Krebs nahm die Wahrscheinlichkeit, dass ein Krebspatient einer bezahlten Arbeit nachgehen konnte, um fast zehn Prozent ab. Außerdem arbeiteten Krebspatienten im ersten Jahr ihrer Krebserkrankung bis zu 200 Stunden weniger – bei einer Vollzeitstelle entsprach das etwa fünf Wochen. Das individuelle Jahreseinkommen sank um beinahe 40 Prozent innerhalb der ersten zwei Jahre nach der Diagnose. Und es blieb auch niedriger als vor der Krebserkrankung.

Krebsdiagnose vor allem bei Männern fatal

Das Familieneinkommen sank um rund 20 Prozent, wenn der Hauptverdiener an Krebs erkrankt war. Positiv war, dass sich der Verdienst in den ersten vier Jahren nach der Krebsdiagnose wieder erholte. Die Effekte waren vor allem bei männlichen Krebspatienten ausgeprägt. Bei Frauen, die eine Krebsdiagnose erhielten, waren die Einkommensverluste nicht statistisch signifikant. Das könnte auch daran liegen, dass viele Frauen nicht Vollzeit arbeiten und der Verlust dadurch geringer ausfällt. Auch sorgen immer noch viele Männer für das Familieneinkommen, was umso mehr ins Gewicht fällt, wenn der Hauptverdiener an Krebs erkrankt.

„15 Millionen Menschen in den USA überleben den Krebs“, sagt Zajacova. „Die Familien brauchen ökonomische Unterstützung, während sie mit den Härten einer Krebstherapie zu kämpfen haben.“ Die Ergebnisse ließen vermuten, dass in Familien mit einem krebskranken Erwachsenen – vor allem einem arbeitenden Mann – eine kurz- und langfristige Verschlechterung ihrer finanziellen Situation erleben. Man müsse die Arbeitsplätze verbessern und Sicherheitsnetze einziehen, damit sich Familien auf die Krebstherapien konzentrieren könnten. Wer ständig über Geld und den Ausfall im Job nachdenken muss, hat nicht nur das Problem der Krebserkrankung, sondern auch jede Menge Stress. Und das schlägt sich wiederum auf die Gesundheit nieder.

Quelle: Anna Zajacova, Jennifer Dowd, Robert Schoeni, and Robert Wallace: „Employment and income losses among cancer survivors: Estimates from a national longitudinal survey of American families.“ CANCER (Online), 21. Oktober 2015, DOI: 10.1002/cncr.29510.

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de