Sport-App: Digitaler Trainer für Krebskranke

Krebspatienten können auch selbst etwas tun, um ihr Rückfallrisiko zu senken: Bewegung heißt das kostenlose Medikament. Und dafür gibt es jetzt tatkräftige Unterstützung – eine Sport-App.

Eine Krebsdiagnose ist für alle Menschen verheerend und zählt zu den größten Ängsten der Deutschen. Zudem wirkt sie oft Jahrzehnte lang nach. Denn die Furcht ist groß, dass der Tumor trotz Krebsbehandlungen wie einer Chemotherapie oder Bestrahlung zurückkehrt. Krebskranke können aber selbst etwas dazu beitragen, um gesund zu werden und vor allem – es auch zu bleiben. Und dafür bekommen sie jetzt einen neuen sportlichen Sparringspartner an die Seite, in Form einer Sport-App.

Krebs – Bewegung senkt das Rückfallrisiko

Dass körperliche Aktivität ganz allgemein gut für den Körper und die Seele ist, haben Ärzte in vielen Studien nachgewiesen. Sport stärkt das Herz, den Kreislauf, die Muskeln und Knochen, das Selbstbewusstsein, die Leistungsfähigkeit und vertreibt auch noch dunkle Wolken ums Gemüt. Bewegung wirkt als „natürliches Antidepressivum“. Dass Sport aber auch effektiv vor einem Krebsrückfall schützen kann, wissen Forscher erst seit einigen Jahren und aus vielen internationalen Studien mit Krebspatienten. „Regelmäßige Bewegung senkt das Krebsrückfallrisiko nachweislich um bis zu 67 Prozent“, betont Dr. Thomas Widmann, Onkologe an der Asklepios Klinik Triberg.

Sport-App: Auch Angeln oder Unkrautjäten zählt

Jetzt hat Widmann die erste App mit dem Namen movival® in Kombination mit dem Internetprogramm „Bewegung nach Krebs“ entwickelt; beide richten sich erstmals gezielt an Krebspatienten. Die Nutzer der Sport-App können ihr Bewegungsprogramm selbst individuell festlegen. Es gibt aber wissenschaftliche Empfehlungen, wie viel Bewegung es sein sollte. Die App hilft ihnen dabei, ihre individuellen Bewegungsziele besser zu erreichen.

Die Basis der App ist ein Punktesystem, die jede Art von Bewegung einbezieht – von A wie Angeln, über Hausarbeit, Spazierengehen, Radfahren, Joggen bis hin zu Z wie Zumba. Dabei geht es weniger um sportliche Höchstleistungen. Vielmehr stärkt jede Art von Bewegung den Körper und die Psyche. Patienten können Walken, Radfahren, aber auch Staubsaugen oder im Garten Unkraut jäten. Selbst Krebskranke mit einem Rollator können sich bewegen. Wichtig ist, dass die Tätigkeiten im Alltag gut umsetzbar sind und Krebskranke zeitnah Erfolge erleben.

Ein Punkt in der App steht für eine Metabolische Einheit pro Stunde (MET-h). Das Metabolische Äquivalent (MET) ist die Maßeinheit für die Intensität von Bewegung und körperlicher Aktivität. „Etwas Bewegung senkt das Krebsrückfallrisiko etwas und mehr Bewegung senkt das Krebsrückfallrisiko deutlich“, erklärt Widmann.  „Mit insgesamt 25 Punkten pro Woche steigt die Wahrscheinlichkeit, gesund zu bleiben, um bis zu 40 Prozent.“

Sport-App vernetzt Krebspatienten

Die App besitzt eine Community-Funktion und verknüpft so Krebspatienten besser miteinander. Sie können sich mit anderen Betroffenen und Gleichgesinnten austauschen und einander zum Mitmachen und Dranbleiben motivieren. Denn es geht um noch viel mehr: Sport macht Krebspatienten Mut, stärkt das Selbstbewusstsein und gibt Selbstvertrauen. Sie haben das Gefühl, selbst etwas gegen den Krebs unternehmen zu können und der Krankheit nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Außerdem macht Sport Freude, holt Menschen aus der sozialen Abgeschiedenheit und lässt sie wieder teilhaben am Leben.

Außerdem liefert die App Wissen rund um das Thema Krebs. Die Patienten erhalten aktuelle Nachrichten aus der Krebswissenschaft und Forschung, aber in einer Form, die auch ein Laie gut versteht. Damit die Patienten nicht von der Vielfalt der Informationen „erschlagen“ werden, filtert die App sie schon vorab. Möglich ist zudem der Besuch von Webinaren – also Seminaren im Internet – rund um das Thema Krebs. „Unser Ziel ist, dass jeder unserer Nutzer die aktuellsten Informationen rund um die Erkrankung erhält und zudem durch ein angeleitetes Bewegungsprogramm seine Chancen bestmöglich erhöht, gesund zu bleiben“, sagt Widmann.

So wirkt Sport Krebs entgegen

Körperliche Aktivität ist das bisher einzige bekannte Mittel, mit dem ein Mensch seine Erbsubstanz DNA aktiv beieinflussen und so der Krebsentstehung und Krebsrückfällen entgegenwirken kann. Wie das genau funktioniert, haben Forscher vor einigen Jahren herausgefunden. Eine häufige Ursache von Krebs sind nämlich Veränderungen an den Endstücken der Chromosomen, den sogenannten Telomeren. Die Chromosomen sind Träger der Erbinformation. Mit steigendem Alter verkümmern diese Enden zunehmend. Dieser Prozess erhöht die Wahrscheinlichkeit von Chromosomenbrüchen und bösartigen Veränderungen von Zellen.

Regelmäßige körperliche Bewegung aktiviert bestimmte Eiweiße im Körper, die Enzyme, wodurch sich die Endstücke der Chromosomen wieder stabilisieren. „Bewegung wirkt hier wie ein Jungbrunnen“, sagt Widmann. „Krebsauslösende Chromosomenbrüche, die sonst bei kurzen Telomeren stattfinden, treten seltener auf“. Gleichzeitig ist diese Information aber auch eine gute Nachricht für alle gesunden Personen: „Durch Bewegung lässt sich das Risiko für die Entstehung von Krebs reduzieren.“

Mehr Informationen zur Bewegungs-App und Anmeldung unter https://movival.com

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de