Gesunder Hopfen – Bier gegen Krebs?
Der Hopfen im Bier wirkt nicht nur schlaffördernd und beruhigend. Vielmehr wollen Forscher die Inhaltsstoffe des Hopfens jetzt sogar gegen Krebs einsetzen.
Hopfen, Wasser, Gerste – nach dem deutschen Reinheitsgebot, das gerade seinen 500sten Geburtstag feiert, dürfen in einem Bier nicht mehr als genau diese drei Zutaten enthalten sein. Schon lange ist der Hopfen auch als Heilpflanze bekannt. Bier macht müde, fördert den Schlaf und beruhigt aufgeregte Seelen – sofern man nicht allzu tief ins Glas guckt.
Hopfen ist gesund!
Aber der Hopfen im Bier kann noch viel mehr: Wissenschaftler wiesen nach, dass einige Inhaltsstoffe des Hopfens eine krebshemmende Wirkung besitzen. „Hopfen enthält viele sekundäre Pflanzenstoffe, die für die Pflanze selbst eher ein Nebenprodukt darstellen. Einige dieser Sekundärstoffe können sich potenziell positiv auf die Gesundheit auswirken“, erklärt Prof. Jan Frank, Ernährungswissenschaftler an der Universität Hohenheim. Das Problem ist, dass der menschliche Körper diese gesundheitsfördernden Stoffe nur in geringem Maß aufnimmt. Und an diesem Punkt setzen die Forscher jetzt an. Die Frage: Wie lässt sich die Bioverfügbarkeit dieser gesunden Substanzen aus dem Bier im Körper erhöhen?
Sekundäre Pflanzenstoffe aus Hopfen hemmen Krebszellen
Die Forscher kooperierten mit der Universitätsklinik Tübingen. Gemeinsam wiesen sie im Labor nach, dass die sekundären Pflanzenstoffe – die sogenannten Prenylflavonoide – das Immunsystem stimulieren können und so Krebszellen abtöten helfen. „Damit könnten diese Stoffe möglicherweise eines Tages in der Krebsprävention und -therapie zum Einsatz kommen“, hofft der Tübinger Wissenschaftler Dr. Sascha Venturelli. Doch die im Labor entdeckte Wirkung auf die Krebszellen lässt sich nicht eins zu eins auf den menschlichen Organismus übertragen. Denn der Körper nimmt die Stoffe nur in geringem Maße auf, sodass sich kein durchschlagender Effekt bei Krebs zeigt.
Gegen Krebs – Hopfenstoffe in Transporter verpacken
Um dieses Problem zu lösen, griffen die Forscher auf Erkenntnisse zurück, die sie bei Experimenten mit Curcumin gewonnen hatten – einem Stoff, der für die Gelbfärbung des Kurkumas (Gelbwurz) verantwortlich ist, und ebenfalls Krebszellen hemmen soll. Mit den Prenylflavonoiden hat Curcumin außerdem gemeinsam, dass der Körper die Substanz nur in sehr geringem Maß aufnimmt.
Der Trick: Um die Aufnahmefähigkeit des Körpers für diese Stoffe zu erhöhen, verpacken sie die gesunden Stoffe aus dem Hopfen in ein Transportmittel, die sogenannten Mizellen. „Diese dienen natürlicherweise als Transportvehikel für die Aufnahme fettlöslicher Nährstoffe im Darm“, erklärt Frank. „Dafür schüttet der Körper Gallensäuren als Emulgatoren aus, die die Substanzen umschließen und in den Organismus einschleusen.“ Derartige Mizellen bauen die Forscher jetzt künstlich nach.
Functional Food aus Hopfen gegen Krebs?
Die Erkenntnisse sollen auch helfen, die optimale Verabreichungsform der gesundheitsfördernden Substanzen zu ermitteln – etwa als Hopfenextrakt oder Reinsubstanz, als alkoholfreies, angereichertes Bier oder in Kapselform. Solche Studien sind nicht nur für die Zulassung eines Medikaments nötig, sondern auch für gesundheitsbezogene Aussagen von funktionellen Lebensmitteln.
Ein derartiges, mit einem anderen Hopfeninhaltsstoff angereichertes Lebensmittel gibt es schon auf dem Markt. Es basiert auf den gesundheitsfördernden Eigenschaften der Substanz Xanthohumol. Einige Lebensmittelläden in Süddeutschland bieten ein Wellnessgetränk an, das aus einem speziellen, alkoholfreien Bier mit erhöhtem Xanthohumol-Gehalt und Fruchtsäften besteht.
Ein Bier täglich schützt nicht vor Krebs!
Vor einem Trugschluss warnt Frank jedoch ausdrücklich: Täglich ein Bier könne trotz der enthaltenen Pflanzenstoffe nicht automatisch vor Krebs schützen. „Die Gefahren durch chronischen Alkoholkonsum übersteigen deutlich die potenziellen Wirkungen der einzelnen untersuchten Hopfeninhaltsstoffe.“ Bevor diese tatsächlich gegen Krebs zum Einsatz kommen können, seien bei dem derzeitigen Stand der Forschung noch umfassende Studien nötig, betont der Experte.
Quelle: Universität Hohenheim, www.uni-hohenheim.de, 11.4.2016; das Projekt „Characterisation of prenylflavonoids as health-beneficial bioactives from hops and hops products“ startete am 1. Januar 2014.
Ingrid Müller
Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de