Cholesterinsenker gegen Hautkrebs

Cholesterinsenker können Hautkrebszellen zerstören. Dafür brauchen sie allerdings einen Helfer. Wie rücken Statine genau den Krebszellen zu Leibe?

Statine helfen bei einem zu hohen Cholesterinspiegel und senken die Blutfettwerte. Sie zählen zu den am häufigsten verordneten Cholesterinsenkern weltweit. Statine können aber offenbar noch viel mehr, wie Forscher der Medizinischen Universität Wien und des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien (AKH) herausfanden: Sie treiben Tumorzellen des schwarzen Hautkrebses in den Selbstmord. Das maligne Melanom ist die bösartigste und aggressivste Form von Hautkrebs. Schwarzer Hautkrebs trifft immer mehr Menschen weltweit – vor allem junge Frauen.

Schwarzer Hautkrebs – Suizid der Krebszellen

Aus früheren Studien war bekannt, dass Melanomzellen sehr unterschiedliche Empfindlichkeiten für das Auslösen des Selbstmordprogramms durch Statine besitzen. Warum dies so ist, war bislang unklar. Bekannt war auch, dass der Signalbotenstoff IL-6 das Wachstum von Melanomzellen in der Frühphase hemmt, nicht aber jenes weiterentwickelter Hautkrebszellen. „Wir fragten uns also, ob zwischen diesen scheinbar unabhängigen Phänomenen ein Zusammenhang bestehen könnte“, sagt der Wiener Wissenschaftler Martin Hohenegger.

Das Forscherteam behandelte Melanomzellen im Labor mit Statinen. Sie analysierten, inwieweit das Auslösen eines zellulären Selbstmordprogramms durch Statine mit der Wirkung von IL-6 zusammenhing. Im Laborversuch zeigten die Cholesterinsenker Wirkung auf die Hautkrebszellen: Die Statine lösten ein Selbstmordprogramm aus und bremsten das Wachstum metastasierender Hautkrebszellen.

Choleterinsenker brauchen Helfer gegen Krebs

Dafür brauchten die bösartigen Tumorzellen allerdings einen Helfer: den Botenstoff Interleukin-6 (IL-6). Dieser sei die notwendige Voraussetzung für das Suizidprogramm der Hautkrebszellen, so die Forscher. „Wir konnten zeigen, dass das Statin Simvastatin in frühphasigen Melanomzellen zunächst kein zelluläres Selbstmordprogramm auslöste. Erst wenn wir zusätzlich IL-6 anbieten, aktiviert Simvastatin dieses Programm. Ein guter Hinweis darauf, dass Statine zur Auslösung dieses Anti-Tumoreffekts auf den Botenstoff IL-6 angewiesen sind“, erklärt Hohenegger.

Diesen Zusammenhang erhärtete ein weiteres Experiment mit Antikörpern. Die Forscher machten sich die Tatsache zu Nutze, dass der bei Rheuma eingesetzte Antikörper Tocilizumab die Andockstellen (Rezeptoren) für IL-6 blockiert und so die entzündliche Wirkung des Botenstoffs unterbindet. In den Hautkrebszellen wurde die Anti-Krebs-Wirkung des Cholesterinsenkers Simvastatin durch die gleichzeitige Blockade der IL-6-Rezeptoren durch den Antikörper aufgehoben. Hohenegger betont: „Dies ist ein weiterer Hinweis, dass die hemmende Wirkung der Statine auf das Tumorwachstum nur im Zusammenhang mit jener von IL-6 effizient funktioniert.“

Cholesterinsenker reduzieren das Krebsrisiko

Auch bei anderen Krebserkrankungen könnte dieser Mechanismus funktionieren. Seit vielen Jahren beobachten Mediziner, dass Patienten, die Statine einnehmen, seltener an Krebs erkranken. Wissenschaftler der ETH Zürich hatten im vergangenen Jahr entdeckt, dass Statine das Wachstum neuer Lymphgefäße verhindern, die bei der Metastasierung bösartiger Tumoren eine entscheidende Rolle spielen. Warum die Cholesterinsenker aber zu keiner nachweisbaren Verminderung der Fälle von schwarzem Hautkrebs bei Menschen führen, ist noch unklar. Denn sehr viele Menschen weltweit schlucken regelmäßig Statine gegen einen erhöhten Cholesterinspiegel, die sogenannte Hypercholesterinämie.

Hautkrebs – die Zahlen steigen

Die Zahl der Hautkrebsfälle steigt seit einigen Jahren. Etwa 18.000 Menschen jährlich erkranken allein in Deutschland neu am besonders gefährlichen schwarzen Hautkrebs. Der helle Hautkrebs  betrifft etwa 200 von 100.000 Bundesbürgern neu. Etwa 80 Prozent davon erkranken an einem Basalzellkarzinom (Basaliom, Basalzellkrebs, 20 Prozent am Plattenepithelkarzinom (Spinaliom, Stachelzellkrebs).

Besonders häufig erkranken Menschen im Alter von 40 und 50 Jahren am schwarzen Hautkrebs. Darunter sind immer jüngere Personen – vor allem Frauen. So sind auch 20-jährige Melanom-Patienten keine Seltenheit mehr in den Arztpraxen. Mediziner vermuten, dass junge Frauen besonders oft ins Solarium gehen, wodurch sich die Hautkrebsgefahr erhöht. Der schwarze Hautkrebs geht auf zu häufige und intensive Sonneneinstrahlung mit Sonnenbränden in der Kindheit und Jugend zurück. Hautkrebs ist heilbar, wenn er frühzeitig entdeckt wird.

Quelle: Medizinische Universität Wien, www.meduniwien.ac.at, 6. Juni 2016

Weiterführende Informationen zu Hautkrebs

Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de