Alternativmedizin bei Krebs – so gefährlich ist sie!

Die Alternativmedizin bei Krebs gilt als sanftere Methode gegen bösartige Tumoren. Wie gefährlich sie ist, zeigten jetzt US-Forscher: Wer allein auf alternative Heilmethoden vertraut, überlebt oft die ersten fünf Jahre nach der Krebsdiagnose nicht.

Die Alternativmedizin bei Krebs erscheint vielen Krebspatienten als die harmlosere Variante, um ihren Krebs zu bekämpfen. Homöopathie, die Traditionelle Chinesische Medizin mit Akupunktur, Krebs-Diäten ohne Zucker, die den Tumor aushungern sollen, oder die Entgiftung mit Schüßler-Salzen sind nur einige Beispiele für alternative Heilmethoden. Manche Krebspatienten setzen auf solche „sanfteren“ Behandlungen – nicht nur begleitend, sondern als alleinige Krebstherapien. Sie gelten als besser verträglich im Vergleich zur Schulmedizin, die den Krebs mit „härteren“ Behandlungen wie Chemotherapie mit Zellgiften, Bestrahlung, Immuntherapien oder Antihormontherapien angeht. Forscher von der Yale School of Medicine in New Haven untersuchten jetzt bei Krebspatienten, was passiert, wenn allein die Alternativmedizin gegen Krebs zum Einsatz kommt. Sie fanden nichts Gutes: Die Überlebensraten waren drastisch niedriger als bei Patienten, die ihren Krebs konventionell behandeln ließen.

Krebsstudie: Patienten mit heilbarem Krebs

An der Studie nahmen 280 Patienten teil, deren Brustkrebs, Prostatakrebs, Lungenkrebs oder Darmkrebs noch keine Metastasen in anderen Organen gebildet hatte. Ein Krebs ohne solche Absiedlungen gilt prinzipiell als heilbar. Diese Krebspatienten hatten sich ausschließlich mit alternativen Heilmethoden behandeln lassen und auf die Schulmedizin mit Chemotherapie, Strahlentherapie (Radiotherapie), Operation und/oder Antihormontherapie verzichtet. Vor allem Jüngere, Frauen, Patienten mit Brustkrebs und Lungenkrebs, höherer Bildung, besserem Einkommen, Krebs im Stadium in höherem Stadium (zwei oder drei) und wenigen Begleiterkrankungen vertrauten der Alternativmedizin eher als der Schulmedizin. Als Vergleichsgruppe dienten 560 Krebspatienten mit den gleichen Merkmalen wie Alter, Krebsart, Stadium oder dem Jahr der Diagnose, die ihren bösartigen Tumoren mit schulmedizinischen Behandlungen zu Leibe rückten. Im Schnitt verfolgten die Forscher die Krebspatienten über einen Zeitraum von 66 Monaten.

Alternativmedizin bei Krebs: Viele überleben keine fünf Jahre

Insgesamt war die Anwendung der Komplementärmedizin mit einem deutlich höheren Sterberisiko verknüpft: Es lag etwa 2,5-mal höher als bei den Schulmedizin-Probanden. Fünf Jahre nach der Krebsdiagnose lebten nur noch 54,7 Prozent der alternativ behandelten Krebspatienten. Bei den Tumorpatienten, die sich für die Schulmedizin entschieden hatten, waren es 78,3 Prozent. Besonders gravierend war der Unterschied zwischen „alternativ“ und „konventionell“ für Frauen mit Brustkrebs: Nur noch gut 58 Prozent der Brustkrebspatientinnen, die allein der Alternativmedizin vertraut hatten, überlebten fünf Jahre nach der Diagnose. Dagegen waren 86,6 Prozent der schulmedizinisch behandelten Brustkrebspatientinnen nach diesem Zeitraum noch am Leben.

Auch bei Darmkrebs sprachen die Zahlen eine sehr deutliche Sprache: 32,7 Prozent der alternativmedizinisch behandelte Patienten überlebten die ersten fünf Jahre nach der Diagnose. Bei der schulmedizinischen Darmkrebsbehandlung waren es 79,4 Prozent. Für Lungenkrebs sahen die Zahlen so aus: 19,9 Prozent im Vergleich zu 41,3 Prozent bei schulmedizinischer Therapie. Nur der Prostatakrebs bildete eine Ausnahme, der Unterschied zwischen beiden Behandlungsarten fiel nicht statistisch bedeutsam aus: 86,2 Prozent der komplementärmedizinisch und 91,5 Prozent der schulmedizinisch behandelten Krebspatienten waren fünf Jahre später noch am Leben.

Fotostrecke: Alternativmedizin bei Krebs – die wichtigsten Methoden

Nahrungsergänzung und Diäten

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Beliebt sind Diäten, pflanzliche, mineralische oder chemische Nahrungsergänzungsmittel sowie Reinigungs- und Entgiftungsmethoden. Dazu gehören zum Beispiel Schüßler-Salze, Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen, Selen und anderen Spurenelementen, Omega-3-Fettsäuren oder die Darmreinigung. Die Behandlungen, greifen in körperliche Vorgänge ein.

Alternativmedizin besonders schlecht bei Brustkrebs

Die Krebsbehandlung mit alternativen Heilmethoden war mit einem statistisch signifikant erhöhtem Sterberisiko verbunden“, so das Fazit der Studienautoren um Skyler Johnson. Beim Vergleich der beiden Therapiearten war der Unterschied in den Überlebensraten am größten bei Frauen mit Brustkrebs. „Sie hatten ein mehr als fünffach erhöhtes Risiko, zu sterben“, so die Forscher. Patienten mit Darmkrebs oder Lungenkrebs hatten ein mehr als vier- beziehungsweise zweifach erhöhtes Todesrisiko. Dass sich bei Männern mit Prostatakrebs kein deutlicher Unterschied ausmachen ließ, erklären die Forscher mit dem meist sehr langsamen Verlauf dieser Tumorerkrankung und der kurzen Zeit der Nachbeobachtung.

Alternativmedizin bei Krebs allein bringt früheren Tod

Eine Einschränkung der Ergebnisse bedeutet die Tatsache, dass die Forscher nicht wissen, welche Art von Alternativmedizin die Krebspatienten angewendet haben. Bislang gebe es aber kaum oder keine Hinweise darauf, dass alternative Heilmethoden bei Krebs überhaupt wirksam sind. Die Forscher betonen, dass komplementäre und integrative Medizin nicht mit der Alternativmedizin gleichzusetzen sind. Die Komplementärmedizin umfasst viele Methode, die eine schulmedizinische Krebsbehandlung ergänzen, aber keineswegs ersetzen. Sie sollen den Körper stärken, den Krankheitsverlauf verbessern, die Nebenwirkungen der Krebstherapien lindern und das Wohlgefühl stärken.

Die Alternativmedizin wird dagegen an Stelle der konventionellen Behandlungen angewendet. Ihre Wirksamkeit ist oft nicht nachgewiesen. „Klar ist, dass Krebspatienten, die allein auf die Alternativmedizin vertrauen, eher sterben“, fassen die Autoren ihre Studie zusammen.

Quelle:

  • Johnson S.B. et al.:Use of Alternative Medicine for Cancer and Its Impact on Survival, JNCI: Journal of the National Cancer Institute, Volume 110, Issue 1, 1 January 2018, djx145, https://doi.org/10.1093/jnci/djx145, veröffentlicht: 10. August 2017

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de