Aggressiver Brustkrebs: Neuer Hemmstoff beseitigt Tumorzellen

Dreifach-negativer Brustkrebs ist aggressiv und wächst schnell. Doch viele gängige Krebsbehandlungen wirken bei dieser Tumorart nicht. Jetzt fanden Forscher einen neuen Hemmstoff, der diesem Brustkrebstyp etwas anhaben könnte.

Manche Tumoren bei Brustkrebs wachsen langsam, während andere äußerst aggressiv sind, schnell fortschreiten, sich ausbreiten und eine schlechtere Prognose besitzen. Meist sind diese Brustkrebsformen schwer behandelbar, weil sie nicht unter Hormoneinfluss wachsen, also hormonrezeptornegativ sind, und auch keine Andockstellen für Wachstumsfaktoren besitzen (HER2). Etwa 15 Prozent der Brustkrebspatientinnen leiden unter dem sogenannten triple-negativen Brustkrebs. Eine zielgerichtete Behandlung aufgrund bestimmter Merkmale der Krebszellen, etwa mit der Antihormontherapie oder dem Wirkstoff Trastuzumab (Herceptin), ist damit nicht möglich. Jetzt fanden Forscher der Albert-Ludwigs-Universität und des Universitätsklinikums Freiburg eine neue Behandlungsmöglichkeit für Frauen mit dreifach negativem Brusttumor: Einen Hemmstoff für Krebszellen, der diese anschließend gezielt ausschaltet. Die Ergebnisse veröffentlichten sie in der Fachzeitschrift Cancer Research.

Aggressiver Brustkrebs: Hauptakteure sind Krebsstammzellen

Forscher vermuten, dass sogenannte Krebsstammzellen in den Tumoren diese Brustkrebsform so gefährlich machen. Sie erhalten das Tumorwachstum aufrecht, sind besonders widerstandsfähig gegenüber einer Chemotherapie mit Zytostatika, verursachen Rückfälle und begünstigen Metastasen in Gehirn, Leber und den Knochen Eine Krebsbehandlung, die punktgenau an diesen Zellen ansetzt, ist aufgrund der vielen negativen Eigenschaften extrem schwierig. Krebsstammzellen besitzen ähnliche Eigenschaften wie normale Stammzellen im Körper und sind äußerst wandlungsfähig.

Die Wissenschaftler um Dr. Jochen Maurer und Prof. Roland Schüle isolierten und kultivierten nun solche Krebsstammzellen im Labor aus Tumorproben von Frauen, die an Brustkrebs erkrankt waren. Diese Zellen gelten als gutes Abbild des ursprünglichen Tumors. Dann testeten sie an den Krebsstammzellen eine Reihe neu entwickelter Hemmstoffe. Diese Substanzen regulieren die Aktivität der Gene, ohne in die Erbsubstanz DNA direkt einzugreifen und diese zu verändern. Epigenetik heißt diese Wissenschaft, die vermutlich bei der Entwicklung und dem Fortschreiten von Krebs eine wesentliche Rolle spielt.

Video: Neues zu triple-negativem Brustkrebs

Ein Hemmstoff wirkte besonders gut bei Brustkrebs

Die Forscher testeten verschiedenste neue Krebstherapeutika. Die Hemmung des epigenetischen Regulators mit dem Kürzel KDM4 mit einem neuen Wirkstoff stellte sich als besonders vielversprechend bei der Bekämpfung der Brustkrebsstammzellen heraus. In mehreren Krebsstammzelllinien ließen sich die gefährlichen Tumoreigenschaften durch dem Hemmstoff blockieren und die Krebsstammzellen gezielt beseitigen. In anschließenden Tierversuchen erreichten die Forscher zudem, dass das Tumorwachstum zurückging. Vielleicht sei der epigenetische Regulator KDM4 ein neuer Ansatzpunkt für eine Therapie bei Brustkrebspatientinnen, hoffen die Forscher. Der in den USA entwickelte Hemmstoff gegen KDM4 werde jetzt weiter getestet.

Derzeit ist für Frauen mit triple-negativem Brustkrebs die Chemotherapie die wichtigste Behandlung. Allerdings sind die Nebenwirkungen der Zytostatika oft erheblich. Eingesetzt wird zudem der Wirkstoff Bevacizumab, der die Neubildung von Blutgefäßen zum Tumor unterbindet. Damit versuchen Forscher, die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung abzuschneiden und den Krebs „auszuhungern.“

Triple-negativer Brustkrebs trifft vor allem junge Frauen

Knapp 72.000 Frauen in Deutschland erkrankten nach einem Bericht des Robert Koch-Institut im Jahr 2013 neu an Brustkrebs. Doch Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs. Etwa 11.000 Frauen davon entwickeln ein dreifach negatives Mammakarzinom oder „triple negative breast cancer“ (TNBC). Im Gegensatz zu anderen Brustkrebsformen besitzt dieser Typ auf der Zelloberfläche keine spezifischen Andockstellen (Rezeptoren) für die Hormone Östrogen und Progesteron oder den menschlichen Wachstumsfaktor HER2 (human epidermal growth factor receptor type 2). Oft betrifft dieser Brustkrebstyp junge Frauen. Auch zeigen neue Untersuchungen, dass bei Frauen mit triple negativem Brustkrebs die Wahrscheinlichkeit für eine Veränderung im „Brustkrebsgen“ BRCA 1 höher ist. Bis zu 50 Prozent hatten solche Mutationen im BRCA-1-Gen. Bei anderen Brustkrebsvarianten waren es nur 18 Prozent.

Quellen:

  • Metzger, E. et al.: „KDM4 inhibition targets breast cancer stem-like cells“, Cancer Research,
    DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-17-1754, 7. September 2017
  • Robert Koch-Institut: „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016“, http://www.krebsdaten.de/Krebs/DE/Content/Publikationen/Krebsgeschehen/Krebsgeschehen_download.pdf?__blob=publicationFile

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Ingrid Müller

Ingrid Müller hat Biologie und Chemie studiert, ist gelernte Journalistin, Buchautorin und schreibt für verschiedene Medien, unter anderem Focus Gesundheit. Sie ist Chefredakteurin des Gesundheitsportals Prostata Hilfe Deutschland, die sich an Männer mit Prostatakrebs richtet. Zudem entwickelt sie digitale Gesundheitsprojekte mit. Zwölf Jahre war sie Chefredakteurin des Gesundheitsportals netdoktor.de